Pelerinage zum ehemaligen KZ Laagberg

5. November 2023

Das Gesteck der AIN vor dem Zelt.
Foto: Mecki Hartung

Am 26.10. besuchte eine französische Delegation mit 41 Menschen zum zweiten Mal im Rahmen einer Gedenkfahrt (Pelerinage) das ehemalige KZ Laagberg. Die in der Amicale Internationale de Neuengamme (AIN) organisierten Nachkommen von französischen und belgischen KZ-Opfern fuhren dabei zu mehreren Orten, an denen KZ – Häftlinge leiden mussten und in der Mehrzahl umgekommen sind.

Die AIN unter ihrem damaligen Vorsitzenden Jean-Michel Gaussot hatten sich stark für die Errichtung des Mahn- und Gedenkortes am Laagberg engagiert (wir berichteten damals ausführlich). Gaussot ist der Sohn eines französischen Häftlings, der auf dem Todesmarsch vom Laagberg nach Wöbbelin umgekommen ist. Er hatte 2017 Wolfsburg auf Einladung der VVN-BdA besucht und mehrere Gespräche mit jungen Wolfsburger*innen und Politiker*innen geführt.

Der heutige AIN-Präsident Jean-Michel Clère zeigte sich enttäuscht, dass die Errichtung des Gedenkortes am Laagberg nicht voran geht. „Wir hätten Jean-Michel Gaussot gerne eine bessere Botschaft aus Wolfsburg mitgebracht“, so Clère. „Wir sind dankbar, dass sich hier in Wolfsburg Antifaschistinnen und Antifaschisten dafür engagieren, dass die Erinnerung an die Gräuel nicht verloren geht.“

Die Wolfsburger VVN-BdA Vorsitzende Mecki Hartung versprach ihm, dass die VVN weiter nicht nachlassen werde auf den baldigen Baubeginn zu drängen. „Dafür muss trotz der geringer gewordenen finanziellen Mittel gegenüber 2017, als der Ratsbeschluss zum Bau des ‚Lern– und Erinnerungsortes‘ gefasst wurde, Geld zur Verfügung stehen. Nicht nur z.B. für touristische ‚Highlights‘ in der Fußgängerzone. Das ist eine Frage der Prioritätensetzung.“

Sie und die Institut für Zeitgeschichte und Stadtpräsentation (IZS), Placenti-Grau, berichteten von den bisherigen Restaurationsarbeiten der Stadt und der Aufbewahrung der Fundamentreste im Zelt (siehe Fotos). Alfred Hartung

Pelerinage zum ehemaligen KZ Laagberg.
Foto: Angela Brandes

Kämpferische Antifa-Demo in Wolfsburg

23. August 2023

Lea Broedermann

Auf Initiative der SJD Die Falken Wolfsburg und der „Grünen Jugend“ fand am Freitag, den 18. August, eine kämpferische Demonstration mit mehreren Kundgebungen in der Wolfsburger Innenstadt statt.

In ihrem Aufruf betonen sie: „Rechtes, spaltendes Gedankengut und faschistische Ideale leben nicht nur unbemerkt in Wolfsburg unter uns, sondern nun ist es so weit, dass sich diese Leute wieder trauen, Angst, Einschüchterungsversuche und Spaltung im öffentlichen Raum verbreiten zu können…. Lasst uns gemeinsam gegen rechts stellen und zeigen, dass wir mehr sind!“

Etwa 100, überwiegend junge Antifaschist*innen, hatten sich um 17.00 Uhr vor dem Rathaus versammelt und hörten die Auftaktrede der Falken. Zahlreiche Beispiele für rechte Schmierereien und Übergriffe wurden darin präsentiert, u.a. auf den Loud & Proud -Jugendtreff. Dann zog die Demo unter Mut machenden Parolen wie „Alle zusammen gegen den Faschismus“ und „Es gibt kein Recht auf Nazipropaganda!“ vor das nahe AfD-Büro an der Piazza Italia. Dort war die VVN-BdA Wolfsburg zu einem Redebeitrag eingeladen worden. Lea Broedermann wies darin auf die Nazi-Gründungsgeschichte der damaligen „Stadt des KdF-Wagens“ hin. Trotz der Lehren, die man aus den Verbrechen der Nazis ziehen muss, kam die rassistische, antidemokratische AfD bei den letzten Wahlen auch in Wolfsburg auf überdurchschnittliche Ergebnisse. Lea warb deswegen auch noch einmal um Beteiligung an den Protesten gegen den AfD-Landesparteitag am folgenden Tag, dem 19.8., in Celle.

Gerade in Zeiten des Sozialabbaus, der auch eine Folge der Politik der „Ampel-Regierung“ ist, ist die Gefahr durch die sozialrassistischen Parolen der AfD besonders drängend. Ihre Rede kann unten gelesen werden.

Der anschließende Demozug durch die belebte Fußgängerzone war erfreulich. Der lautstarke Demoruf „Siamo tutti antifascisti“ wurde mit Winken und zustimmenden Rufen von zahlreichen dort im Cafe oder auf den Ruhebänken sitzenden italienischen Bürger*innen kommentiert. Auch Autofahrer und ganze Tischrunden vor Restaurants klatschen – sie bekamen im Vorbeilaufen unsere 8. Mai-Karten. Das macht Mut und Spaß.

Auf dem Nordkopf am Ende der Fußgängerzone endete dann diese erfolgreiche Antifa-Aktion der Wolfsburger Jugend mit einer Abschlusskundgebung. Als VVN-BdA Wolfsburg bedanken wir uns bei den Falken und der „Grünen Jugend“ für die Initiative und freuen uns auf weitere gemeinsame Aktionen, wenn sie nötig sind. MH

Rede von Lea Broedermann

Hallo, liebe Freundinnen und Freunde, liebe Antifaschistinnen und Antifaschisten,

ich bin Lea Broedermann und spreche hier für die VVN-BdA, die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten Wolfsburg. Der eine oder die andere von Euch kennt mich vielleicht auch als Kreisvorsitzende der Partei DIE LINKE, Wolfsburg. Wir von der VVN-BdA Wolfsburg freuen uns, dass die Wolfsburger Falken und die „Grüne Jugend“ zu dieser Demonstration gegen Rechts aufgerufen haben. Die eng mit dem Hitler-Faschismus verbundene Geschichte dieser Stadt müsste eigentlich eine ausreichende Warnung gegen reaktionäre Rückfälle sein.

Wir wissen aber aus unserer antifaschistischen Erfahrung, dass gerade in Krisenzeiten wie heute autoritäre, rechte Entwicklungen eine ständig lauernde Gefahr darstellen. Die steigenden Zustimmungen zur Politik der AfD sind leider keine „Fakenews“ sondern sie sind real. Die hohen, über dem Landesdurchschnitt liegenden Wahlergebnisse für diese reaktionäre, rassistische Partei in unserer Stadt sind erschreckend: 12,5% erreichte die AfD in Wolfsburg bei den Landtagswahlen 2022!

Bereits am morgigen Samstag will die niedersächsische AfD mit ihrem Landesparteitag – ausgerechnet in Celle, am Ort des ehemaligen KZ Bergen-Belsen – die Grundlage für ihren weiteren Aufstieg legen. (Auf das Gebäude der Stiftung wurde in dieser Woche ein Anschlag verübt, nachdem in den Sozialen Netzwerken von Rechts dagegen gehetzt wurde, dass die Stiftung die Gegendemonstration offen unterstützt und zur Teilnahme aufruft. Die Geschäftsführerin wird sprechen.)

Die IG Metall Wolfsburg bietet morgen eine Mitfahrgelegenheit um 7.30 Uhr in einem Bus an, um hörbar und sichtbar in Celle zu protestieren. Sicher wird Platz für spontan Entschlossene von Euch sein. In diesem ganzen reaktionären Sumpf, der von der AfD befeuert wird, fühlen sich dann auch andere faschistische Kräfte ermutigt, wieder aus ihren Löchern zu kriechen. So wandte sich ein homosexueller Mensch in seiner Not an die VVN Wolfsburg, nachdem er in Detmerode übelst von Neonazis in eine Falle gelockt und körperlich von ihnen mit Baseballschläger bedroht und in eine gefährliche Situation in einem Treppenhaus gedrängt wurde. Er konnte zum Glück fliehen.

Leider ist die vielbeschworene „Brandmauer“ der bürgerlichen Parteien gegen Rechts verdammt löchrig und baufällig geworden. Der kürzliche Versuchsballon von Merz, dem CDU-Chef, zur Zusammenarbeit mit der AfD ist nur ein Beispiel. Auf kommunaler Ebene gibt es in mehreren Ländern schon erschreckend viele konkrete Fälle von Zusammenarbeit. Die von der regierenden Ampel-Koalition rasant verstärkte Aufrüstung, die auf Kosten der sozialen Absicherung für die sogenannten „kleinen Leute“ geht, verschlingt das Geld, das im Bildungs- und Sozialbereich dringend gebraucht wird.

Menschen, die sich zu Recht benachteiligt fühlen, sind anfällig für rechte Parolen. Schnell werden Sündenböcke wie Migrant*innen oder LGBTQ-Menschen gesucht. – Nicht mit uns!

Wir müssen für unsere Zukunftsinteressen selbst aktiv werden. Diese Demo heute ist ein gutes Beispiel, das ist genau der richtige Weg. Meine Organisation, die VVN-BdA, wird dabei immer gemeinsam mit Euch kämpfen und ihre langjährigen Erfahrungen im Kampf gegen Rechts mit Euch teilen. Wir stehen dafür: Siamo tutti antifascisti!!

Streik- statt Arbeitstag

24. Juli 2023

Heute ist kein Arbeitstag – heute ist – STREIKTAG!
Foto: M. Hartung

Man muss nicht politikverdrossen sein und eine bestimmte rechte Partei wählen, man kann auch für seine Rechte eintreten und selbst aktiv sein. Ein gutes Beispiel:

„Heute ist kein Arbeitstag, heute ist – Streiktag!“

So demonstrierten etwa 50 Beschäftigte der WBG und von n@twork zu den Rhythmen der IGMetall-Samba-Trommelgruppe durch die Porschestraße. Sie streikten den zweiten Tag, weil sie für ihre notwendige Arbeit z.B. in Flüchtlingsunterkünften, im Tierheim, im Sozialkaufhaus gerechtes Gehalt fordern. Sie bekommen etwa 25% weniger als andere Beschäftigte der Stadt. Auf dem Rathausvorplatz bekamen sie solidarische Unterstützung von „Wollino“-Beschäftigten und von einer Gruppe von Rathausmitarbeitern; auch Frau Angelika Jahns, stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende der WBG, lobte die verantwortungsvolle, verlässliche Arbeit und sagte Unterstützung der Forderungen zu.

Frau Iris Bothe, die im Fall der „Wollino“- Beschäftigten (Essen in den Schulen) eine Verbesserung befürwortet hatte, die in den Verhandlungen zum Erfolg führte, sprach aufmunternd zu den Streikenden. Viel Ausdauer und Erfolg wünschte auch ein Neuland-Vertreter.

Frank Ahrens, zuständiger verd.i- Sekretär, machte die Kampfbereitschaft der Kolleg:innen deutlich und versicherte: „Wir kommen wieder, wenn am Donnerstag, 13.7., nicht Bewegung in unsere Sache kommt.“

Foto: M. Hartung

Video unter fb.watch%2FlLMFWA9Tjj%2F

Porsche darf nicht länger geehrt werden!

5. Juli 2023


Protest an der verhüllten Porschebüste. Foto: Mecki Hartung

Am ersten Juli-Wochenende feierte die Stadt Wolfsburg mit viel Aufwand ihren 85-jährigen Geburtstag. Die Stadtgründung 1938 unter dem Nazi-Regime im Beisein von Hitler und Porsche und die danach folgende langjährige Ausbeutung und Drangsalierung von tausenden Zwangsarbeiter*innen und KZ-Häftlingen in der damaligen „KdF-Stadt“ wurden aber bei den „Feierlichkeiten“ fast nicht erwähnt.

Deswegen hatten junge Aktivist*innen um das Aktionszentrum Amsel44 zu einer Protestkundgebung an dem Porschedenkmal aufgerufen, das prominent vor dem Rathaus in der gleichnamigen Porschestraße steht. In ihrem Aufruf heißt es: „Für einen kritischen Umgang mit der Stadtgeschichte braucht es eine konsequente Auseinandersetzung mit dem Nazi-Erbe. Lasst uns Zusammenhalt und Solidarität feiern statt die Geburtsstunde von Ausbeutung und Zerstörung bei Fallersleben“.

Etwa 20 überwiegend junge Menschen waren dem Aufruf gefolgt und versammelten sich vor dem Denkmal. Nach einer Farbaktion einige Tage zuvor war es von der Stadt verhüllt worden.

Die VVN-BdA Wolfsburg war von den jungen Aktivist*innen wegen ihrer langjährigen Bemühung zur Aufarbeitung der Wolfsburger Geschichte um einen Redebeitrag gebeten worden. Die VVN-BdA-Vorsitzende Mechthild Hartung zitierte dazu aus einem von ihr unterschriebenen Flugblatt aus dem Jahr 1996: „Porsche darf nicht länger geehrt werden! Denn: Er war zutiefst in das NS-Regime integriert. Er war Parteimitglied der NSDAP und seit 1942 SS-Oberführer, entsprechend einem Generalsrang. Und er war im Kreis um Hitler bei der Planung des Raubkrieges gegen die Sowjetunion beteiligt und wurde deswegen beim Beginn des Überfalls am 22. Juni 1941 zum Vorsitzenden der Panzerkommission ernannt. Die Porsche-Panzer sollten den „Blitzkrieg“ entscheiden“.

Langer Atem erforderlich

„Ihr seht, es braucht einen langen Atem, wenn man in Wolfsburg für demokratische Veränderungen kämpft. Deswegen freue ich mich über Eure tolle Aktion“ so Hartung zu den jungen Aktivist*innen. Daraufhin sagte ein junger Aktivist mit Blick auf das komplett verhüllte Denkmal spöttisch: „Die Stadt hat ja mit ihrer klasse Verhüllung schon gut mitgearbeitet. Das kann ruhig so bleiben!“

Viel erfreuten Anklang fanden neben den Reden auch die literarischen und musikalischen Beiträge des Helmstedter Rezitators Johann Voß und einer jungen Aktivistin aus dem Amsel44-Umfeld. Sie hatte spontan für die Aktion einen Liedtext auf die Melodie von „Bella Ciao“ geschrieben, den sie mit ihrer Quetsche schwungvoll vortrug. Die Zuhörer*innen stimmten begeistert jeweils in den Refrain ein. Alfred Hartung

Die verhüllte Porschebüste von hinten.
Foto: Mecki Hartung

Tag des Flüchtlings am 20. Juni: Das Problem heißt Rassismus

5. Juli 2023

Foto: Gianni Marazza

Am 20. Juni haben Wolfsburger Gruppen und Initiativen den „Tag des Flüchtlings“ im Garten des Hallenbades begangen. Bei gutem Wetter konnten sich vor allem Flüchtlingsfamilien an Ständen, Infotischen und Spieleinrichtungen informieren und entspannen. Im Rahmen der Wolfsburger Flüchtlingshilfe hat sich auch die Wolfsburger VVN-BdA an der Aktion beteiligt – siehe Foto.

Dazu sagt die Wolfsburger VVN-BdA-Vorsitzende Mechthild Hartung: „Wir sind solidarisch mit den Flüchtlingen, die in unser Land kommen. Niemand verlässt zum Spaß seine Heimat, sondern wird von Not aller Art dazu getrieben. Unser Land hat die Möglichkeit zu helfen. Der Umgang mit den Flüchtlingen aus der Ukraine zeigt, dass selbst große Zahlen kein Problem sind, wenn der politische Willen dazu vorliegt. Ukrainer*innen dürfen sich nämlich selbst eine Unterkunft suchen, bei Freund*innen oder Unterstützer*innen unterkommen. Sie erhalten im Unterschied zu Asylsuchenden ein sofortiges Aufenthaltsrecht und dürfen sofort arbeiten. Die diskriminierenden Regelungen des Asyl- und des Asylbewerberleistungsgesetzes gelten für sie nicht“, so Hartung.

Das Problem sei also nicht die Anzahl, sondern das Kalkül der Regierenden, dass diese ukrainischen Geflüchteten aufgrund ihrer Qualifikationen eine Bereicherung für den deutschen Arbeitsmarkt darstellen, meint die VVN-BdA-Sprecherin und ergänzt. „Hinten runter fallen die Verfolgten aus anderen Teilen der Welt. Das Mitleid ist aufgebraucht, für sie ist kein Platz mehr. Das Problem heißt Rassismus. Und deswegen ist unser Platz genau an der Seite dieser Menschen!“ Alfred Hartung

„Wolfsburger Kessel“ war rechtswidrig

20. Juni 2023

Juni 2020: Von der Polizei eingekesselte Demonstrierende aus der Perspektive der Betroffenen. Außerhalb des Kessels: Der Journalist Jörg Bergstedt, zu diesem Zeitpunkt noch mit Kamera Foto: H. G. Dempewolf

Am 15. Juni 2023 hat das Oberverwaltungsgericht Lüneburg in zweiter und letzter Instanz über einen Polizeieinsatz entschieden, der am Wolfsburger Amtsgericht am 2. Juni 2020 stattgefunden hatte. Damals hatte die Polizei nach einer Solidaritätsdemo vor dem Amtsgericht die Teilnehmenden einer Spontandemo von der Straße gedrängt, eingekesselt, die Personalien aller Beteiligten festgestellt und Platzverweise für das gesamte Wolfsburger Stadtgebiet ausgesprochen. Diese Maßnahmen hat nun das OVG Lüneburg in der Verhandlung als „eindeutig rechtswidrig“ beurteilt.

Diese Vorgänge liegen drei Jahre zurück. Auch Wolfsburger VVN-BdA-Mitglieder waren seinerzeit von dieser Repression betroffen. Wir berichteten damals auf unserer Homepage. Hier ein Auszug aus diesem Beitrag:

Solidarität mit Angeklagten

„In Zusammenhang mit einer bevorstehenden Gerichtsverhandlung gegen einen Umweltaktivisten solidarisierten sich am 2. Juni in Wolfsburg etwa 20 Menschen mit dem Angeklagten. Sie begleiteten ihn mit einer Demonstration und Zwischenkundgebungen zum Amtsgericht. Zur Gerichtsverhandlung wurden nur 4 Personen zugelassen.

Während dessen erfuhren die Protestierenden, dass vier Mitglieder von „Robin Wood“ von der Polizei festgenommen und in der Polizeiwache festgehalten wurden. Als sie dorthin gehen wollten, um die vier Aktivisten bei ihrer Freilassung zu begrüßen, wurden sie nach wenigen Minuten von mindestens 30 PolizistInnen eingekesselt.

‚Wir wurden zwei Stunden lang auf kleinster Fläche eingekesselt! Wasser konnte wegen Coronapandemie nicht herumgereicht werden wie sonst‘, sagt Mechthild Hartung, Landesprecherin der VVN-BdA Niedersachsen.

Platzverweise für Presse

Auch PressevertreterInnen wurde ihre Arbeit unmöglich gemacht. Ihnen wurden Platzverweise erteilt. Der Aktivist Jörg Bergstedt wurde zudem körperlich angegriffen, Dateiträger und Akkus wurden entwendet, anschließend wurde seine leere Kamera und das Stativ konfisziert. Er wurde zur Polizeiwache zitiert, weil dort angeblich die Echtheit seines Presseausweises verifiziert werden sollte.“

(https://wolfsburg.vvn-bda.de/2020/07/08/gegen-polizeiwillkuer-in-wolfsburg-und-anderswo/)

Nachspiel angekündigt

Unser Bericht endete seinerzeit mit dem Satz: „Inwieweit diese polizeilichen Maßnahmen rechtens waren oder auch nicht, ist sehr umstritten. Sehr wahrscheinlich wird es zu den Aktionen der Polizei ein Nachspiel geben.“

Und die gab es dann auch: Fast alle Beteiligten legten Widerspruch gegen die Bußgeldbescheide der Stadt Wolfsburg wegen „Nichteinhaltung der Corona-Abstände“ im engen Kessel ein, fast alle Beteiligten reichten auch Klage gegen die Maßnahmen der Polizei ein. Alle Bußgeldbescheide sind, sofern dagegen Widerspruch eingelegt wurde, von der Staatsanwaltschaft auf Kosten der Staatskasse bereits im November 2022 eingestellt worden.

Das OVG Lüneburg hat nun eine der anhängigen Klagen gegen die Polizeimaßnahmen quasi als „Musterklage“ verhandelt und die Polizeimaßnahmen letztinstanzlich als rechtswidrig beurteilt. Der Kläger, der Braunschweiger Edmund Schultz, ist mit diesem Urteil sehr zufrieden: „Es wurde wieder einmal gerichtlich festgestellt, dass Polizei und Gerichte sich auch in Wolfsburg und Braunschweig an das Grundgesetz halten müssen. Es ist traurig und empörend, dass da offensichtlich Nachhilfe nötig ist.“ Er betonte weiter: „Großen Anteil an diesem Urteil hat der beteiligte Rechtsanwalt Nils Spörkel, der mit viel Engagement unter anderem die Berufung für dieses Verfahren erkämpft hat“.

Die noch in gleicher Sache anhängigen Klagen werden nun vermutlich ohne weiteren Prozess abgehandelt und für die Kläger positiv beschieden.

Klatsche für Polizei

Das gestrige Urteil ist kaum anders zu bewerten als eine Klatsche für die Wolfsburger Polizei und für das Braunschweiger Verwaltungsgericht. Allerdings zeigt die kürzliche Razzia bei den Verkehrswendeaktivist:innen von „Amsel 44“, die mit lächerlichen Vorwänden begründet wurde (Graffiti im Stadtgebiet und die Verwendung des VW-Logos auf einem Flugblatt unbekannter Herkunft), dass die Wolfsburger Polizei nicht lernwillig ist. Die Beschlagnahmung der gesamten IT der Aktivist:innen behindert diese massiv. Sollte das der eigentliche Grund für die Razzia gewesen sein?

Antifa-Stadtrundfahrt beim Klimacamp in Wolfsburg

12. Juni 2023

Stopp bei der Infostele „Militärstraflager“. Foto: M. Hartung

Vom 5.5 – 10.5. organisierte das Verkehrswende-Projekt „Amsel44“ in Wolfsburg ein Klimacamp mitten in der Stadt: sozusagen – nach eigener Auskunft – in der „Höhle des Löwen“. Fünf Tage lang diskutierten vorwiegend junge Menschen aus Niedersachsen und anderen Bundesländern die Notwendigkeit und Möglichkeit einer Stärkung des öffentlichen Verkehrs und die Probleme beim Rückbau der Automobilindustrie (siehe verkehrswendestadt.de/vw-umbauen/).

Die Wolfsburger VVN-BdA hatte im Programm am 6. Mai auch eine Antifa-Stadtrundfahrt angeboten. Trotz vielen anderen interessanten Programmpunkten nutzten ca. 20 Teilnehmer*innen diese Möglichkeit. Sie waren sichtlich beeindruckt davon, dass nur einige Jahrzehnte früher die gesamte heutige Innenstadt und auch das Gelände ihres Klimacamps von Zwangsarbeiter*innen-Baracken übersät war. Besonders die Geschichte des ehemaligen sogenannten „Kinderheims“ des Volkswagenwerkes, in dem fast 80 Kleinkinder von Zwangsarbeiterinnen umkamen und das unmittelbar neben ihrem heutigen Klimacamp lag, berührte die jungen Aktivist*innen sichtlich. An der Berufsschule, die heute dort steht, hatte die Wolfsburger VVN im Jahr 2013 gemeinsam mit dem IG Metall-Ortsteil und Schüler*innen der Berufsschule ein Relief angebracht.

Eine weitere Station war die Infostele vor der BBS2, die auf das ehemalige Militärstraflager hinweist. Dort herrschten besonders brutale Bedingungen. Die Stele zeigt die Überlagerung des historischen Lagerplans mit dem aktuellen Stadtplan. Die identische Straßenführung schockte die Teilnehmenden besonders. „Dann sind wir ja gerade auf den ehemaligen Lagerstraßen gefahren!“ – so eine junge Teilnehmerin. Alfred Hartung

„Wer ist hier kriminell?“ VVN-BdA solidarisch mit Klimabewegung

12. Juni 2023

Solidarisch gegen Razzien: VVN-BdA. Foto: M. Hartung

Ende Mai haben in vielen Städten Menschen gegen die Kriminalisierung der Klimagerechtigkeitsbewegung protestiert. Auch in Braunschweig hatten sich am 31.5. rund 200 Menschen auf dem Schlossplatz versammelt.

Aufgerufen zu dieser Kundgebung hatte das Braunschweiger Klimanetzwerk, ein Zusammenschluss vieler Klimagerechtigkeitsgruppen. Die VVN-BdA zeigte deutlich ihre Solidarität. – siehe Foto.

Diese Veranstaltung war eine Reaktion auf die Hausdurchsuchungen bei Aktivist:innen der „Letzten Generation“ in mehreren Bundesländern. Aber auch das Verkehrswende-Projekt „Amsel44“ in Wolfsburg war von den Razzien betroffen: Es wurde Ende Mai ebenfalls durchsucht, dabei wurden sämtliche Rechner sowie anderes Gerät beschlagnahmt.

Solidarität mit Klimaaktivist:innen

Diese Repression gegen Klimaaktivist:innen wurde in allen Redebeiträgen auf der Kundgebung immer wieder scharf verurteilt. Die Versammelten waren sich darin einig, dass die Klimabewegung mit allen Betroffenen solidarisch sein muss, auch wenn in der einen oder anderen Frage unterschiedliche Auffassungen bestehen.

„Wer ist hier kriminell? Wer radikalisiert sich? Die Klimaaktivist:innen oder der Staat?“ Diese rhetorischen Fragen konnte man auf der Kundgebung immer wieder hören. Es wurden auch einige wichtige Stimmen zitiert, die diese Repression für absolut unangemessen und völlig überzogen halten. So z.B. UNO-Generalsekretär António Guterres, der angesichts der Versuche, Klimaschützer:innen zu kriminalisieren, sagte: „Klimaaktivisten – angeführt von der moralischen Stimme junger Menschen – haben ihre Ziele auch in den dunkelsten Tagen weiter verfolgt. Sie müssen geschützt werden und wir brauchen sie jetzt mehr denn je.“

Die VVN-BdA-Mitglieder jedenfalls nehmen sich vor, die bereits bestehenden Kontakte zur Klimagerechtigkeitsbewegung auszubauen und zu pflegen. Sie können mit ihrer langen Erfahrung hinsichtlich der Repression der deutschen Behörden gegen demokratische und linke Bewegungen bei Bedarf nützliche und hilfreiche Hinweise geben. Alfred Hartung

8.Mai in Wolfsburg: Gedenken heißt Handeln

18. Mai 2023

Gedenkstätte für die Opfer des Faschismus (Werderstraße). Foto: M. Hartung

Etwa 100 Bürgerinnen und Bürger folgten in diesem Jahr der Einladung des breiten Bündnisses um den „Wolfsburger Verein Erinnerung und Zukunft“ mit Beteiligung der VVN-BdA auf die Gedenkstätte für die Opfer des Faschismus.

Die Hauptrednerin, Sandra Straube, Vorsitzende des Kulturausschusses, erinnerte in ihrer Rede daran, dass es leider nach dem Ende des 2. Weltkrieges in Europa weltweit viele Kriege gegeben habe. Der Krieg in der Ukraine sei vielen Deutschen wegen der geographischen Nähe aber besonders bewusst. Sie äußerte die Hoffnung, dass Kunst und Kultur dazu beitragen die Menschen zu ändern. Ihr Appell lautete daher: „Finanzielle Mittel für den Kulturbereich dürfen nicht gekürzt werden“. Deswegen solle auch die Errichtung des Lern- und Gedenkortes am Laagberg, der an das ehemalige KZ erinnert, bald angegangen werden.

Schüler der 10. Klasse des Gymnasiums Fallersleben betonten in ihren Beiträgen, wie wichtig es sei, in einer Demokratie zu leben. Deswegen sei die Erinnerung an das NS-Unrechtsregime unersetzlich. Denn: „Jene die ihre Vergangenheit vergessen, sind dazu verdammt sie zu wiederholen.“ Es müsse auch mehr an jene erinnert werden, die den Mut besaßen sich aufzulehnen. Diese Forderung hatte bereits vor zwei Jahren der Historiker Prof. Dr. Manfred Grieger, Koautor der Studie „Das Volkswagenwerk und seine Arbeiter im Dritten Reich“, an die Stadt gerichtet: Sie solle endlich mehr Engagement in der Erforschung der lokalen Widerstandsgeschichte zeigen. Passiert ist seit damals in dieser Hinsicht nichts!

Der Redner der SJD Die Falken Wolfsburg stellte das mit dem Sara-Frenkel-Preis gewürdigte Projekt der Falken vor: Die Namen der 81 sowjetischen Kriegsgefangenen, die in der „KdF-Stadt“ umkamen, sind auf den Grabplatten ausschließlich in kyrillischer Schrift vermerkt. Im Rahmen des Falken-Projektes wird eine Tafel errichtet, auf der die Namen sowohl in kyrillischer als auch in lateinischer Schrift, ergänzt durch eine kurze historische Erläuterung, zu lesen sein werden. In seinem kämpferischen Beitrag sagte er: „Der Philosoph Theodor Adorno möchte in der Erziehung nach Auschwitz nicht die Liebe predigen. Unserer Meinung nach geht es vielmehr darum sich bewusst zu werden, dass wir alle in einer alles durchdringenden bürgerlichen Kälte aufwachsen. … Wir haben das Wissen, dass wir uns nur gemeinsam gegen Ausbeutung, Nationalismus und Faschismus wehren können. … Hoch die Internationale Solidarität! Für Frieden und Sozialismus, gegen das Vergessen! Freundschaft!“

Die Rede ist hier nachzulesen.

Widerstandslieder

Der IG Metallchor „Gegenwind“ begleitete die Veranstaltung mit internationalen Liedern. Sie handeln vom Widerstand gegen Unterdrückung und Faschismus und zeigen, dass Kunst und Kultur einen wichtigen Beitrag im Kampf um Freiheit, Demokratie und Frieden leisten kann.

Die Wolfsburger VVN-BdA ehrte auch an weiteren Orten die Opfer der Nazidiktatur. So schmückte sie das Relief an der BBS I, das an den Standort des sogenannten „Kinderheimes“ des Volkswagenwerkes erinnert, mit roten Nelken – siehe Foto Relief. Das Relief hatte die VVN im Jahr 2013 gemeinsam mit dem IG Metall-Ortsteil und Schülerinnen und Schüler der Berufsschule angebracht. Allein hier waren mehr als 75 Kleinkinder von Zwangsarbeiterinnen umgekommen.

Die Vorsitzende der Wolfsburger VVN, Mechthild Hartung, sagte dazu: „Für mich ist es nur schwer erträglich, dass einer der Hauptverantwortlichen für den Tod dieser Kinder und ihrer Mütter, an die wir heute Nachmittag auf der Gedenkstätte erinnert haben, nämlich Porsche, in dieser Stadt immer noch – u.a. – mit der Benennung der Hauptgeschäftsstraße und mit einem Denkmal vor dem Rathaus – geehrt wird. Wir wollen stattdessen, dass endlich mit der Errichtung des Lern- und Gedenkortes am Laagberg begonnen wird. Und wir möchten, dass der 8. Mai in Niedersachsen ein arbeitsfreier, staatlicher Feiertag wird. Hierzu hat die niedersächsischen VVN-BdA eine Unterschriftenaktion und eine Online-Petition unter der Adresse weact.campact.de/p/8Maifrei gestartet.“ A. Hartung

„Erinnern, Mahnen, Handeln!“ (Schachtweg). Foto: M. Hartung

8.Mai in Wolfsburg: Schluss mit den Kriegen

25. April 2023

Polin droht Porsche. Holzrelief: M. Hartung

Seit vielen Jahren organisiert ein breites Bündnis um den „Wolfsburger Verein Erinnerung und Zukunft“ mit Beteiligung der VVN-BdA die Gedenkfeier anlässlich des 8. Mai auf der Gedenkstätte für die Opfer des Faschismus. Wir gedenken dort auch der mehr als 350 Säuglinge und Kleinkinder, die Porsche auf dem Gewissen hat (siehe Zeichnung). Sie starben im sog. „Säuglings- und Kinderpflegeheim“.

Vor zwei Jahren hatte der Hauptredner, der Historiker Prof. Dr. Manfred Grieger, Koautor der Studie „Das Volkswagenwerk und seine Arbeiter im Dritten Reich“, von der Stadt gefordert, endlich mehr Engagement in der Erforschung der lokalen Widerstandsgeschichte zu zeigen. Passiert ist seit damals in dieser Hinsicht nichts! Auch die Errichtung der Lern- und Gedenkstätte am Laagberg zur Erinnerung an das ehemalige KZ kommt nicht voran.

In diesem Jahr wird Frau Straube, die Kulturausschussvorsitzende des Rates, die Hauptrede halten. Vielleicht gibt es ja dazu Neuigkeiten?

Weitere Mitwirkende an der Gedenkveranstaltung am 8. Mai ab 17.00 Uhr an der Gedenkstätte, Werderstraße/Lydia- Stowbun-Weg, sind Schülerinnen und Schüler des 10. Jahrgangs des Gymnasiums Fallersleben und Aktivist*innen der SJD Die Falken Wolfsburg. Die musikalische Gestaltung hat der IG Metall-Chor „Gegenwind“ übernommen.

Der Aufruf des Bündnisses kann unter dieser Adresse gelesen werden.

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