Ausstellung „Grenzerfahrungen“ im Wolfsburger Rathaus

17. Januar 2024

Mecki Hartung führt in die Ausstellung ein.
Foto: Alfred Hartung

Im Foyer des Wolfsburger Rathauses ist am Dienstag, den 9.1.24, die Pro Asyl- Ausstellung „GRENZERFAHRUNGEN. Wie Europa gegen Schutzsuchende aufrüstet“ eröffnet worden. Sie ist ein Kooperationsprojekt des städtischen Integrationsreferats und der Flüchtlingshilfe Wolfsburg. Die Ausstellung ruft dazu auf, die zunehmende Militarisierung an den europäischen Außengrenzen sowie die Verletzung der Menschenrechte von Geflüchteten zu stoppen.

Es geht bei dieser Frage nicht nur um Flüchtlingsrechte, sondern es geht letztlich darum, wie unsere Gesellschaft aussehen soll: Eine Gesellschaft, die auf Ausgrenzung, Abschottung und autoritäre Strukturen setzt – oder die weltoffen, demokratisch und human ist.

Vor gut 30 Anwesenden eröffneten die Stadträtin Iris Bothe, Dezernentin für Jugend, Bildung und Integration, Irina Reschke, Leiterin des Integrationsreferats, und Mechthild Hartung, Mitglied im Vorstand der Flüchtlingshilfe Wolfsburg und Kreisvorsitzende der VVN-BdA Wolfsburg mit kurzen Statements die Ausstellung. Der Beitrag von Mechthild Hartung kann unten nachgelesen werden.

Viel Aufmerksamkeit bekam auch Günther Schütte, ebenfalls im Vorstand der Flüchtlingshilfe Wolfsburg, der mehrere ehemalige Geflüchtete vorstellte, die gemeinsam mit der Flüchtlingshilfe Wolfsburg viel für die Integration von Geflüchteten tun. Sie geben Schwimmunterricht, helfen beim Spracherwerb und bei Behördengängen und der Wohnungssuche. Das ist ein gutes Beispiel dafür, wie sich die erfolgreiche Integration als eine Bereicherung für unsere ganze Gesellschaft erweist.

Die Ausstellung im Wolfsburger Rathaus kann noch bis 23.1. besucht werden. Alfred Hartung

Rede Mecki Hartung

Sehr verehrte, liebe Anwesende,

zunächst möchte ich dem Integrationsreferat, insbesondere Frau Reschke, für ihre Arbeit danken.

Diese Pro Asyl-Ausstellung hier in der Rathaushalle zu zeigen, bedeutet, sich unmissverständlich auf die Seite von Geflüchteten zu stellen und sich genauso eindeutig gegen die brutalen Abwehrmaßnahmen der EU und auch unseres Landes zu wenden.

Der Rechtsentwicklung kann man nicht begegnen, indem man selbst nach rechts rückt oder schweigt, sondern indem man sich mutig an die Seite von Schutzsuchenden stellt und menschenfeindliche Entscheidungen anprangert.

Schon in der Einladung zur Ausstellung heißt es zutreffend: „Niemand flieht freiwillig. Wenn Menschen sich dazu entscheiden, befinden sie sich oft in einer Situation, die ihnen keinen anderen Ausweg lässt.“

So erschütternd und empörend die in dieser Ausstellung dargelegten Maßnahmen gegen Geflüchtete sind – wir wissen, dass seit dem Gipfel der Schlechtigkeiten im Dezember 2023 die Situation extrem verschärft wurde. Was als „Reform“ gepriesen wird, bedeutet den weiteren Abbau von Menschenrechten und etabliert ein System von Haftlagern auch außerhalb von Europa für fliehende Menschen, die nichts verbrochen haben.

Nach Reformen muss es besser werden!

Das Konzept der „sicheren Drittstaaten“ soll ausgebaut werden. Deswegen befürchten wir neue menschenrechtswidrige Deals mit Diktaturen und autokratischen Regierungen. EU-Länder wollen sich auf diese Weise vom Flüchtlingsschutz freikaufen.

Eines der Tableaus hier gibt Auskunft über die Zusammenarbeit mit der Türkei. Sie bekam

6 Milliarden € für die Errichtung von Lagern für syrische Geflüchtete. „Alle Beteiligten wussten aber: Die Türkei ist für Flüchtlinge kein »sicherer Drittstaat« – wer Schutzsuchende dorthin zurückdrängt oder zurückbringt, bricht Völker- und Europarecht.“ (Zitat Ausstellungstext)

Die Diskussion um Lager außerhalb der EU (z.B. Ruanda und Albanien) und Schnellverfahren werden nun ins Auge gefasst. Schon heute stellen die in der BRD rechtsstaatlich angelegten Anhörungen eine fragwürdige Praxis dar. Wie muss man sich Verfahren in Lagern außerhalb Europas vorstellen?

Der „Flüchtlingspakt“ ist ein Teufelspakt, wie es richtig in diesem Begriff mitschwingt.

Viele hier wissen, dass ich auch in der VVN-BdA aktiv bin. Antifaschismus und Solidarität mit Geflüchteten gehören zusammen.

Am 27. Januar wird der Internationale Auschwitz-Gedenktag begangen. Er erinnert an die Verbrechen des Faschismus und mahnt: NIE WIEDER!

Das heißt doch auch, nicht nur zu beklagen, dass in der Zeit 1933 – 1945 so viele zugeschaut und geschwiegen haben. Sondern es heißt doch heute, nicht wieder zuzuschauen und zu schweigen, wenn täglich Menschen im Mittelmeer einen qualvollen Ertrinkungstod erleiden.

Eine Zahl will ich nennen:

Geschätzt sind im Jahr 2023 2.510 Menschen im Mittelmeer ertrunken. Das sind mehr Menschen als die Zahl der Schüler:innen und Lehrer:innen der Carl – Hahn – Schule und der IGS Westhagen zusammen.

Unsere Forderung ist: wir brauchen

– sichere Fluchtwege für Menschen, die ihr Land verlassen und

– aktuell mehr Seenotrettung sowie den

– Stopp der Kriminalisierung von Rettenden.

Wir treten ein für eine Gesellschaft, die human und demokratisch ist, die auf der Seite der Schwachen steht, statt deren Rechte abzubauen.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!