Buch veröffentlicht: „Ode an den großen Abwesenden“
2. Januar 2024
Jean-Michel Gaussot, Sohn des KZ-Laagberg-Häftlings Jean Gaussot und ehemaliger Präsident der Amicale Internationale KZ Neuengamme (AIN), hatte Anfang April 2018 auf Einladung der Wolfsburger VVN-BdA und des Vereins „Erinnerung und Zukunft“ Wolfsburg besucht.
Jean-Michel Gaussot hat seinen Vater Jean Gaussot nie kennen gelernt, denn ein halbes Jahr vor seiner Geburt (Oktober 1944) wurde der Vater im besetzten Paris wegen Mitarbeit in der Résistance von der Gestapo verhaftet und ins Konzentrationslager Neuengamme bei Hamburg und von dort in das KZ Laagberg der „Stadt des KdF-Wagens“ deportiert. Jean Gaussot war erst 30 Jahre alt, als er nach Monaten körperlicher Schwerstarbeit im Lager Laagberg im April 1945 im Todeslager Wöbbelin bei Ludwigslust an Entkräftung starb, zehn Tage vor der Befreiung durch amerikanische Truppen.
Jean-Michel Gaussot hat die Auseinandersetzung mit dem Schicksal seines Vaters in einem Buch nieder geschrieben, worin er sich in einem fiktiven Zwiegespräch mit seinem Vaters auseinander setzt. In zwei gut besuchten Informations- und Diskussionsveranstaltungen hatte er aus diesem auf Französisch verfassten Buch „Ode au grand absent …“ vorgelesen, (wolfsburg.vvn-bda.de/page/12/).
Die deutsche Übersetzung dieses Buches konnte nun Mitte Dezember 2023 als „Texte zur Geschichte Wolfsburgs, Bd.44“ von Frau Placenti-Grau, Leiterin IZS, Frau Gisela Rühl, Vorsitzende des Vereins „Erinnerung und Zukunft“ und von Mechthild Hartung, Vorsitzende der VVN-BdA Wolfsburg, der Presse vorgestellt werden.
Im Vorwort zum Buch schreibt Mechthild Hartung: „Jean-Michel Gaussot selbst war seinerzeit nach Wolfsburg gekommen, um den authentischen Ort [des KZs] am Laagberg nach der erfolgten archäologischen Ausgrabung in Augenschein zu nehmen. Anschließend las er im Delphin-Kino vor Schülerinnen und Schülern sowie im Haus der Jugend während einer Abendveranstaltung aus seinem damals gerade in Frankreich erschienenen Buch. Da die Lesungen in der Öffentlichkeit starke Beachtung fanden, entstand die Idee zu einer Übersetzung dieses für den entstehenden Gedenk- und Lernort so wichtigen französischen Dokuments, das aus zahlreichen Quellen aus der familiären Überlieferung gearbeitet ist. Die VVN-BdA setzte sich gemeinsam mit dem Wolfsburger Verein Erinnerung und Zukunft e.V. für eine Übersetzung ein und konnte dafür zum einen das Institut für Zeitgeschichte und Stadtpräsentation gewinnen, das für die Realisierung des Buches verantwortlich zeichnet, zum anderen die Volkswagen AG, die einen Teil der Übersetzung finanzierte. Dafür herzlichen Dank!“
Die Intervention der AIN unter ihrem damaligen Präsidenten Jean-Michel Gaussot war mitentscheidend dafür, dass der Rat der Stadt Wolfsburg sich auf einer Sondersitzung im August 2017 zur Errichtung des Lern- und Gedenkort am Laagberg entschlossen hat (wolfsburg.vvn-bda.de/page/14/). Leider musste kürzlich eine französische Delegation, die mit 41 Menschen zum zweiten Mal im Rahmen einer Gedenkfahrt (Pelerinage) auch den Ort des ehemaligen ‘KZ Laagberg‘ besuchte, feststellen, dass die Bauarbeiten noch nicht begonnen haben (wolfsburg.vvn-bda.de/2023/11/05/pelerinage-zum-ehemaligen-kz-laagberg/). Der Ratsbeschluss zum Bau des Gedenk- und Lernortes liegt sechs Jahre zurück!
Wenn alles gut geht, wird Jean-Michel Gaussot im Frühjahr 2024 noch einmal Wolfsburg besuchen, um sein Buch – jetzt in deutscher Übersetzung – ein weiteres Mal persönlich vorzustellen.
Es bleibt zu hoffen, dass er dann zumindest den Beginn von Bau-Arbeiten am Laagberg in Augenschein nehmen kann.