Die verdrängten Schatten der Vergangenheit.

19. August 2013

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Gedenktafel für die toten Kinder

Gedenktafel für die toten Kinder

Reste der originalen Pfeiler des Eingangstores (2012)

Reste der originalen Pfeiler des Eingangstores (2012)

Die Wolfsburger VVN/BdA hat sich auf Spurensuche begeben. Wie zahlreiche andere Industriebetriebe hat auch das Wolfsburger Volkswagenwerk im Faschismus tausende Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter für die Rüstungsproduktion ausgebeutet. Neugeborene der vorwiegend osteuropäischen Zwangsarbeiterinnen wurden wie überall im Nazi-Reich kurz nach ihrer Geburt in ein sog. „Kinderpflegeheim“ verbracht, wo sie durch systematische Vernachlässigung massenhaft verstarben.

Nach vorsichtigen Schätzungen gab es über 300 solcher Lager in Deutschland, mehr als 100.000 Kinder von Zwangsarbeiterinnen kamen hier zu Tode. Wie fast überall in Deutschland wurde auch in Wolfsburg die Erinnerung an diese Massentötung nach dem Krieg vertuscht und verdrängt. Im Rahmen der 75-Jahr-Feier der Stadt Wolfsburg hat die VVN/BdA gemeinsam mit der IG Metall eine Gedenktafel an einem Schulgebäude enthüllt, das am Ort des damaligen „Kinderheimes“ steht (vgl. antifa Juli/August 2013).

Weil das Massensterben der Säuglinge unter den ZwangsarbeiterInnen Empörung hervorrief, war das „Kinderheim“ von der Leitung des VW-Werkes in das ca 12 km entfernte Rühen verlegt worden. Dort kamen bis Kriegsende noch einmal über 350 Babys und Kleinkinder zu Tode (vgl. antifa Nov/Dez 2012: Zum Sterben geboren im Lager Rühen, Broschüre der VVN/BdA Wolfsburg). Die VVN bemüht sich daher, auch am authentischen Ort dieses Verbrechens eine Gedenktafel anzubringen. Denn bis auf eine wenig aussagekräftige Inschrift am örtlichen Friedhof, wo die kleinen Leichen verscharrt wurden, erinnert nichts an dieses Kriegsverbrechen. Doch stoßen die Bemühungen der VVN im Ort auf eisige Ablehnung. Weder Bürgermeisteramt noch die für das Gelände des ehemaligen Lagers bzw. seine Zuwegung zuständigen Eigentümer und Gemeindevereine reagieren auf die Bitte um ein Gespräch. Im Gegenteil: Nachdem die Broschüre der VVN dem Bürgermeister zugeschickt worden war, wurden die letzten authentischen Reste der Torpfosten des Lagers dem Erdboden gleich gemacht – nach 68 Jahren. Die VVN/BdA Wolfsburg wird aber nicht locker lassen und bemüht sich, die Öffentlichkeit auf diese Verdrängung eines Kriegsverbrechens aufmerksam zu machen.