Entstehungsgeschichte der Tafel „Gedenkstätte für die Opfer des Faschismus“

13. Mai 2019

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2007 im Keller des alten Gewerkschaftshauses

08.Mai 2019 am Eingang des neuen Gewerkschaftshauses

Diese Tafel wurde 1985 von Kollegen in der Gießerei des VW-Werkes in eigener Regie „unter der Hand“ (heimlich) gegossen. Sie sollte den Bürgerantrag auf Umbenennung des sog. „Ausländerfriedhofes“ sichtbar unterstützen.

Hintergrund:
In der Nachkriegszeit wurde bis in die 50-iger und 60-iger Jahre hinein die blutige Geschichte der NS-Zeit in Wolfsburg – wie in der übrigen BRD auch – verdrängt oder beschönigt. Allerdings gab es Zeugen aus den 40er Jahren, die anfingen zu sprechen, je länger je mehr: Die steinernen Gedenkplatten für die ermordeten Kinder und ZwangsarbeiterInnen auf einem Teilstück des Nordfriedhofes, das damals „Russenfriedhof“ und „Ausländerfriedhof“ genannt wurde.

„Dieser Ausländerfriedhof fristet ein Dornröschen-Dasein“ heißt es in einem Zeitungsartikel von 1968 (WAZ, 21.4.1968). Vier Jahre später, am 7.Mai 1972, wurde dort dann von Friedensinitiativen, der Aktion Sühnezeichen, der VVN-BdA Wolfsburg und von drei Pastoren in einer kleinen Feier ein Gedenkstein enthüllt. Zwar mit Erlaubnis des Verwaltungsausschusses der Stadt, aber ohne jegliche Beteiligung von VertreterInnen der Stadt, der VW AG und der damaligen Ratsparteien.
Ab diesem Jahr fanden dann regelmäßig am 8. Mai auf der Gedenkstätte, die immer noch „Ausländerfriedhof“ hieß, Gedenkveranstaltungen statt. Es war das „Friedensforum in der Arche“, das dafür die Planungen vornahm und insgesamt die Verantwortung hatte. Dafür handelten sich die Aktiven viel üble rassistische Nachrede ein. Ab 1981 gehörte auch die Initiative „VW-Arbeiter für den Frieden“ zu den Ausrichtenden der Gedenkfeier.
Im Jahr 1985 initiierten Pastor Hartwig Hohnsbein, der 1. Bevollmächtigte der IG Metall Wolfsburg, Walter Kaufmann und der Fotograf Heinrich Heidersberger einen Bürgerantrag, der auch die Umbenennung in „Gedenkstätte für die Opfer des Faschismus“ forderte. Innerhalb kürzester Zeit kamen über 5600 Unterschriften zusammen, die am 8. Mai desselben Jahres dem damaligen OB Nolting (CDU) auf dem immer noch so genannten „Ausländerfriedhof“ übergeben wurden. Zur Unterstützung dieser Forderung hatten in der Initiative „VW-Arbeiter für den Frieden“ aktive Kollegen um den Vertrauensleutesprecher Walter Drexler, die in der damaligen Gießerei des VW-Werkes arbeiteten, in eigener Regie „unter der Hand“ (heimlich) die hier gezeigte Platte gegossen. Sie wurde bei der Unterschriftenübergabe 1985 das erste Mal auf der Gedenkstätte aufgestellt und auch danach weitere Male am 8. Mai mitgeführt. Die Platte ist damit ein Dokument dafür, wie VW-Arbeiter in Eigeninitiative aktiv und erfolgreich in die Aufarbeitung der Geschichte der Stadt eingegriffen haben.