Ostermarsch 2018 in Wolfsburg
10. April 2018
Antikriegstag, Frieden, Friedensbewegung
Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde,
es ist schön, dass ich hier am Sara – Frenkel – Platz zu Euch sprechen kann; Sara Frenkels Schicksal begann mit dem Überfall Nazi-Deutschlands auf Polen vor 79 Jahren. Unseren herzlichen Gruß an sie von diesem Ostermarsch aus werden wir im Gewerkschaftshaus auf einer Karte unterschreiben.
Nach dem verheerenden verbrecherischen 2. Weltkrieg galt für ‚uns‘: NIE WIEDER KRIEG, NIE WIEDER FASCHISMUS! Ins gesellschaftliche Gedächtnis ist diese Losung mit der leidenschaftlichen Lithografie von Käthe Kollwitz eingegraben.
Die 1945 scheinbar unumstößliche und folgerichtige Forderung „Von deutschem Boden darf nie wieder Krieg ausgehen“ und damit verbunden das Verbot der Wiederbewaffnung wurden trotz Widerstands schon bald unter Adenauer über Bord geworfen.
Konkret für die VVN in Niedersachsen hieß das 1951: die Geschäftsstelle der VVN wurde durchsucht und geschlossen, weil sie sich gegen die Remilitarisierung der BRD eingesetzt hatte.
Wo stehen wir heute? (Mit Zahlen will ich Euch verschonen.)
– Die Politik der BRD hat großen Anteil an der verheerenden, ausweglos erscheinenden weltpolitischen Situation. Wir fordern von unseren beiden Bundestagsabgeordneten, sich konkret und konsequent im Bundestag für eine Politik der Entspannung einzusetzen. Dazu gehört das „NEIN“ zu Kriegseinsätzen, Rüstungsexporten und Aufrüstung. Nur dann fühlen wir uns von ihnen vertreten (deutlicher Blick zu Falko Mohrs, der allem zu gestimmt hatte bis jetzt). Auch wenn man in der SPD ist, kann man mit NEIN stimmen, wie man im Internet nachsehen kann.
Wir sind keine Traumtänzer, wenn wir fordern:
– Verhandeln statt Bomben! Schluss mit den Versuchen politische Probleme militärisch lösen zu wollen!
– Umgehende Beendigung der Auslandseinsätze der Bundeswehr!
– Schluss mit den Drohgebärden gegen Russland!
– Keine Erlaubnis für Waffenexporte! – egal ob in Kriegsgebiete, Krisengebiete oder gar an verfeindete Parteien in kriegerischen Auseinandersetzungen! Erst Recht darf der völkerrechtswidrige Überfall der Türkei auf Afrin nicht mit deutschen Waffenlieferungen unterstützt werden!
– Wir treten ein für Rüstungskonversion. Es gibt bereits Konzepte; wenn sie noch nicht weit genug greifen, muss in deren Weiterentwicklung Geld gesteckt werden und nicht in die Rüstungsindustrie.
– Für das Verringern des Rüstungsetats! Er soll nach dem Willen der Bundesregierung von 37 Milliarden € auf 70 Milliarden aufgestockt werden – unvorstellbare Summen. Wir wollen nicht, dass mit unseren Steuergeldern die mörderischen Kriege finanziert werden, die unendliches Leid und lebenslange Traumatisierung der leidenden Bevölkerung hinterlassen. Wir stehen seit Jahrzehnten an der Seite der Geflüchteten hier in Wolfsburg und wissen, wovon wir sprechen. Eine Afghanin kollabiert in meinem Deutschunterricht, krallt sich in meine Haare, als ich mich über sie beuge und ruft mich an „Mama, Mama!“ –
Was muss dem voraus gegangen sein?!
– Grenzen auf für Menschen auf der Flucht!
Ich möchte schließen mit einem Auszug aus einem Gedicht Bertolt Brechts , das er 1952 schrieb:
Das Gedächtnis der Menschheit
Das Gedächtnis der Menschheit
für erduldete Leiden ist erstaunlich kurz.
Ihre Vorstellungsgabe für kommende
Leiden ist fast noch geringer.
…
Die weltweiten Schrecken der vierziger Jahre scheinen vergessen.
„Der Regen von gestern macht uns nicht nass“ – sagen viele.
Diese Abgestumpftheit ist es,
die wir zu bekämpfen haben,
ihr äußerster Grad ist der Tod.
…
Und doch wird nichts mich davon überzeugen,
dass es aussichtslos ist,
der Vernunft gegen ihre Feinde beizustehen.
Lasst uns das tausendmal Gesagte immer wieder sagen,
damit es nicht einmal zu wenig gesagt wurde!
Lasst uns die Warnungen erneuern,
und wenn sie schon wie Asche in unserem Mund sind!
Denn der Menschheit drohen Kriege,
gegen welche die vergangenen wie armselige Versuche sind,
und sie werden kommen ohne jeden Zweifel,
wenn denen, die sie in aller Öffentlichkeit vorbereiten,
nicht die Hände zerschlagen werden.
Ich danke Euch.
(Mechthild Hartung, VVN-BdA e.V./ Sprecherin in Niedersachsen, Vorstand Flüchtlingshilfe Wolfsburg e.V.)