Porsche darf nicht länger geehrt werden!
5. Juli 2023
Am ersten Juli-Wochenende feierte die Stadt Wolfsburg mit viel Aufwand ihren 85-jährigen Geburtstag. Die Stadtgründung 1938 unter dem Nazi-Regime im Beisein von Hitler und Porsche und die danach folgende langjährige Ausbeutung und Drangsalierung von tausenden Zwangsarbeiter*innen und KZ-Häftlingen in der damaligen „KdF-Stadt“ wurden aber bei den „Feierlichkeiten“ fast nicht erwähnt.
Deswegen hatten junge Aktivist*innen um das Aktionszentrum Amsel44 zu einer Protestkundgebung an dem Porschedenkmal aufgerufen, das prominent vor dem Rathaus in der gleichnamigen Porschestraße steht. In ihrem Aufruf heißt es: „Für einen kritischen Umgang mit der Stadtgeschichte braucht es eine konsequente Auseinandersetzung mit dem Nazi-Erbe. Lasst uns Zusammenhalt und Solidarität feiern statt die Geburtsstunde von Ausbeutung und Zerstörung bei Fallersleben“.
Etwa 20 überwiegend junge Menschen waren dem Aufruf gefolgt und versammelten sich vor dem Denkmal. Nach einer Farbaktion einige Tage zuvor war es von der Stadt verhüllt worden.
Die VVN-BdA Wolfsburg war von den jungen Aktivist*innen wegen ihrer langjährigen Bemühung zur Aufarbeitung der Wolfsburger Geschichte um einen Redebeitrag gebeten worden. Die VVN-BdA-Vorsitzende Mechthild Hartung zitierte dazu aus einem von ihr unterschriebenen Flugblatt aus dem Jahr 1996: „Porsche darf nicht länger geehrt werden! Denn: Er war zutiefst in das NS-Regime integriert. Er war Parteimitglied der NSDAP und seit 1942 SS-Oberführer, entsprechend einem Generalsrang. Und er war im Kreis um Hitler bei der Planung des Raubkrieges gegen die Sowjetunion beteiligt und wurde deswegen beim Beginn des Überfalls am 22. Juni 1941 zum Vorsitzenden der Panzerkommission ernannt. Die Porsche-Panzer sollten den „Blitzkrieg“ entscheiden“.
Langer Atem erforderlich
„Ihr seht, es braucht einen langen Atem, wenn man in Wolfsburg für demokratische Veränderungen kämpft. Deswegen freue ich mich über Eure tolle Aktion“ so Hartung zu den jungen Aktivist*innen. Daraufhin sagte ein junger Aktivist mit Blick auf das komplett verhüllte Denkmal spöttisch: „Die Stadt hat ja mit ihrer klasse Verhüllung schon gut mitgearbeitet. Das kann ruhig so bleiben!“
Viel erfreuten Anklang fanden neben den Reden auch die literarischen und musikalischen Beiträge des Helmstedter Rezitators Johann Voß und einer jungen Aktivistin aus dem Amsel44-Umfeld. Sie hatte spontan für die Aktion einen Liedtext auf die Melodie von „Bella Ciao“ geschrieben, den sie mit ihrer Quetsche schwungvoll vortrug. Die Zuhörer*innen stimmten begeistert jeweils in den Refrain ein. Alfred Hartung