Königslutter und der Krankenmord
17. Januar 2023
„Mein Großvater hat ganz genau gesehen, was dort ablief und sich sogar versichert, ob das alles Rechtens ist.“
Dies sagte Sebastian Barnstorf, Enkel des damaligen Arztes Dr. Barnstorf. Er sprach anlässlich der Eröffnung der Ausstellung „Königslutter und der Krankenmord“ in Lehre.
Die sehr eindrucksvolle Ausstellung wurde im Rathaus Lehre bei Wolfsburg am 12. Januar eröffnet. Die Wolfsburger VVN-BdA war unter den etwa 60 Interessierten vor Ort.
Nach einer Begrüßung durch Gabriele Heinen-Kljajić, 1. Vorsitzende des Arbeitskreis „Andere Geschichte“ aus Braunschweig und einem Grußwort des engagierten Bürgermeisters von Lehre, Andreas Busch, hat Susanne Weihmann, auf deren Buch die Ausstellung aufbaut, in das Thema der Ausstellung eingeführt.
„Gefährder der Volksgesundheit“
Die „Landes-Heil-und Pflegeanstalt Königslutter“ im nahen Königslutter war schon für das Herzogtum Braunschweig die zentrale Einrichtung zur Aufnahme und Behandlung psychisch Kranker. Mit der Machtübergabe an die Nazis im Januar 1933 wurden Kranke zu „Gefährdern der Volksgesundheit“ erklärt und als „Ballastexistenzen“ ausgegrenzt.
Königslutter wurde Teil des staatlich betriebenen Krankenmordes, der in der Anstalt Bernburg an der Saale vollzogen wurde. Neben Patient*innen aus Norddeutschland waren auch Kranke, die zum Teil seit Jahrzehnten in Königslutter gelebt hatten, Opfer der Transporte in den Tod. Sie kamen aus vielen Ortschaften des Landes und gehörten unterschiedlichen sozialen Schichten an.
Die Zahl der Patient*innen, die nach dem offiziellen Ende der zentral geplanten Mordaktionen in Königslutter starben, war dramatisch hoch. Dieses begründet den Verdacht der Fortführung der vorsätzlichen Tötungen mit anderen Mitteln.
Verbrechen in der Region
Die Ausstellung zeigt diese erschreckenden Verbrechen der Naziherrschaft hier in unserer Region, die wie viele andere im Nachkriegsdeutschland kaum geahndet wurden. Sie kann bis zum 14. Februar 2023 im Rathaus Lehre zu den Öffnungszeiten besucht werden. Susanne Weihmann wird am Dienstag, 17. Januar 2023 und am Dienstag, 7. Februar 2023 jeweils um 16.30 Uhr durch die Ausstellung führen. Eine Anmeldung ist nicht notwendig. Ein Besuch ist sehr zu empfehlen. A. Hartung
Fotos: M. Hartung