Friedensmarsch: Menschen knüpfen untereinander neue Kontakte
9. Juni 2022
Für Pfingstsamstag hatten die Friedensinitiative Völksen, DIE LINKE – Regionsverband Südwest, die VVN – BdA Hannover und der Naturfreunde – Landesverband Niedersachsen zur traditionellen „Pfingstwanderung für den Frieden“ von Völksen nach Springe (Deister) eingeladen.
Rund 30 Friedensfreund*innen trafen sich dazu am Bahnhof Völksen und machten sich bei strahlendem Sonnenschein auf den knapp 8 km langen Marsch durch kleine Ortschaften und Wald und Feld (siehe Foto). Interessierte Anwohner wurden von der Friedensinitiative Völksen mit Flyern über den Grund der kleinen Demo informiert.
Gegen 12 Uhr trafen die Wander*innen auf dem Marktplatz Springe ein, wo vor einem großen Transparent der VVN-BdA Hannover „Die Waffen nieder! Stoppt den Krieg! Abrüstung jetzt!“ die Abschlusskundgebung stattfand. Unter der Moderation von Andreas Nolte hielten Charly Braun für die Friedensinitiative Lüneburger Heide und Axel Seng für die Friedensinitiative Völksen die Abschlussbeiträge.
Für gute Stimmung und interessiertes Zuhören einiger Einheimischer sorgte nicht zuletzt Harmut Rahmer mit Gitarre und Gesang. Die VVN-BdA-Landessprecherin Inge Scharna hielt ein Grußwort für die Landesorganisation. „Auch wenn dieser Friedensmarsch, anders als der große Ostermarsch in Hannover, von relativ wenigen Menschen getragen wird, hat er einen besonderen Charakter: Menschen aus der Region Hildesheim, Hannover, Wolfsburg wandern über Dörfer, verteilen dort Flugblätter und knüpfen untereinander neue Kontakte, die später bei größeren Aktionen wieder aufgegriffen werden können. Wir wünschen uns, dass wir eines Tages ein großes Friedensfest feiern können, wenn es einmal keinen Krieg mehr gibt.“
Die Rede von Charly Braun kann unten nachgelesen werden.
Rede H-D Charly Braun
– „Gewerkschaftliche Initiative für aktive Friedenspolitik und Militär- und Rüstungskonversion in Niedersachsen“ und „Friedensaktion Lüneburger Heide“
Rede nach der „Pfingstwanderung für den Frieden“ von Völksen nach Springe, Sa. 4.6.2022 in Springe, Am Markt
– es gilt das gesprochene Wort –
Liebe Friedensfreunde und KriegsgegnerInnen, liebe Kolleginnen und Kollegen,
Vielen Dank an Frank Bsirske und alle im Bundestag – auch aus Regierungsfraktionen – die gestern gegen die asoziale 100 Mrd.-Aufrüstung gestimmt haben.
Vielen Dank Axel und Andreas und allen anderen, die die heutige Friedenswanderung, der „Zeitenwende“ zum Trotz, organisiert haben. Das steckt zu antimilitaristischen Wanderungen auch andernorts an, schrieb mir eine Kollegin aus OHZ, die uns alle grüßen lässt.
Ich heiße Charly Braun, bin DGB-Kreisvorsitzender in der Heide und im ver.di-Bezirksvorstand (mit Axel zusammen). Aber ich kann hier nicht für den DGB sprechen, weil einige sog. „Chemie-Funktionäre“ i.A. von Rheinmetall-Betriebsräten ansonsten umlagefinanzierte Veranstaltungen wie den 1.MAI bei uns nicht mehr unterstützen. Meine DGB-KV-KollegInnen nennen das „Erpressung“. Ich hatte mehrfach vor Rheinmetall in Unterlüß laut hörbare Konversionsforderungen gestellt.
Darum spreche ich hier für die „Friedensaktion Lüneburger Heide“ und die „Gewerkschaftliche Initiative für aktive Friedenspolitik und Militär- und Rüstungskonversion in Niedersachsen“. Schwerer Name, schwere Aufgabe.
Ich will euch vor allem aus Deutschlands am stärksten militarisierter Region berichten. Ich nehme mir zuvor heraus, nicht zum derzeitigen Krieg, zu gegensätzlichen Interessen und auch nicht zu unseren West-Werte-beschwörenden Ober-KriegerInnen zu schweigen – auch wenn ich deshalb alldeutsch mit Meinungsausgrenzung zu bestrafen bin.
Der seit einigen Jahren hierzulande extrem zunehmende mediale selbstgemachte Einheits-Populismus trägt Riesenfrüchte, gegen die Springers BiLD von 1968 Peanuts sind. E.A Rauters Buch mit dem Titel: „Wie eine Meinung in einem Kopf entsteht“ wird perfekt massenhaft angewendet – nur mit entgegen_gesetzem Ziel, nämlich „allen die einzige herrschende Meinung in die Köpfe zu trichtern, um Alle zu wehrhaft Kämpfenden gegen fremde östliche barbarische Werte zu erziehen“.
Kaiser Wilhelm sagte 1914, er kenne keine Parteien mehr, sondern nur noch Deutsche.
Viele folgten ihm – bis eine Kugel sie erwischte. Naja, ich gebe zu, der Vergleich zur aktuellen Kriegslage hinkt. Aber hinkt auch der Vergleich der Meinungs- und Stimmungsmache? Was meint ihr?
Die Einladung zur heutigen Friedenswanderung habe ich weit verbreitet. Schnelle Reaktionen erhielt ich von 2, sonst sozial-kritischen Freunden. Der eine antwortet:
„Genau lieber Charly
Die Waffen nieder !!
Freie Fahrt für russische Panzer..!
Dann haben wir aber ein gutes Gewissen !!!“
Und der andere fordert:
„Jeder Artikel und jede Meinung, die nicht mit: „Russland (Putin) ist ein Kriegsverbrecher“ anfängt und endet, hat ein Problem mit der Realität.
(Die Auffassung, die Ukraine wäre mit schuldig am Überfall wurde ja schon mit dem Vergleich der vergewaltigten Frau belegt, die ja Mitschuld hat, weil sie sich falsch angezogen hat. An diesem Vergleich ist etwas dran aus meiner Sicht. …….. (hier habe ich seinen Text um einen längeren Absatz gekürzt.)
Ich für meinen Teil bin dankbar, dass die Grünen zu großen Teilen die Realität nicht verkennen und nicht wie große Teile der Linken aus der selbst gebauten Falle, dass Russland ein Freund ist, nicht herauskommen und damit schön das Hufeisen zur AFD und den Querdenkern der letzten Jahre schließen.
Ich werde weiterhin für Frieden eintreten, allerdings nicht um jeden Preis und so, dass den Aggressoren freie Bahn gelassen wird. Verteidigungsbündnisse sind, wie wir sehen, leider unverzichtbar.“ Zitat-Ende.
An der folgenden mail-Debatte beteiligten sich Etliche, aber niemand vermochte die beiden Zitierten zu bewegen, über die tödlichen Folgen ihrer Haltungen nachzudenken.
Zurecht verurteilt die Friedensbewegung nahezu vollständig Rußlands Angriff auf die Ukraine. Der Militärhistoriker Prof. Wolfram Wette, u.a. aktiv im Verein „Gegen Vergessen – für Demokratie“ erklärt in der KONTEX-Wochenzeitung vom 16.3.22:
„Im aktuellen Krieg in der Ukraine ist die Kriegsschuldfrage zunächst einmal klar: Rußland hat, aus welchen Gründen auch immer, das Land überfallen. Aber alle anderen Probleme, die damit zusammenhängen, scheinen aktuell wenig interessant zu sein. Es drängt sich der Eindruck auf, als falle die lange Vorgeschichte von Putins Aggression der offensichtlichen Kriegsschuld Putins zum Opfer. Eine wirkliche Analyse der Kriegsursachen gibt es zZ nicht.“
Dazu nennt der „Kriegspräventions-Forscher als erstes, die Rolle der USA nach der Auflösung des Warschauer Pakts und die nicht eingehaltene West-Zusage „Keine NATO-Osterweiterung“. Politiker und andere, die nicht in Verdacht stehen, pazifistisch, Links oder Putin-Kumpel zu sein, lehnen Aufrüstung der Ukraine und Krieg bis zum Sieg über Rußland ab. Wer Frieden will, müsse auch die Sicherheitsinteressen Rußlands berücksichtigen. Krieg mit mehr Krieg zu begegnen, könne atomaren Weltbrand auslösen. – so Wolfram Wette.
Es gibt PolitikerInnen und andere, die solche und ähnliche Empfehlungen geben. Darunter Hamburgs ehem. OB Klaus von Donanyi, der langjährige US-Außenpolitiker Henry Kissinger, Schauspieler Rolf Becker, Merkels ehem. Militärberater Brigadegeneral a. D. Erich Vad, die vielen prominenten Unterzeichnen des EMMA-Briefes an den Kanzler u.a.m..
Wer den mainstream ablehnt, die/ der wird kaum noch in Talk-shows eingeladen. Die Meinungseinheit darf nicht sabotiert werden.
Prof. Wolfram Wette beklagt aktuell die Militarisierung in den Köpfen. Zu des Kanzlers 100 Mrd.- “Zeitenwende“ am 27.2.2022 sagt der Militärhistoriker:
„das wirkt wie ein Signal, dass die Devise jetzt nicht mehr Frieden heißt, sondern Vorbereitung auf kriegerische Auseinandersetzungen. Und immer wo aufgerüstet wird, entstehen Feindbilder – und frohlocken die Vertreter des militärisch-industriellen Komplexes. Da werden Diplomaten weniger wichtig – und Friedensbemühungen eher belächelt als bestärkt. Man geht einen hochgefährlichen Weg in militärische Eskalationsspiralen hinein.“
Die olivgrüne Baerbock ist da von ganz anderem Kaliber. Die Möchtegern-Kriegsherrin will den Krieg gewinnen, will den Sieg des westlichen Kapitalismus über den östlichen. Zu dumm, dass ihre Panzer statt mit Sonnenenergie immer noch mit russischem Öl im Tank fahren. Sie will Rußland „ruinieren“. Nun aber beklagt die Militaristin erstmal die „Kriegsmüdigkeit“ im Westen.
………………….
Wenn ihr mich fragt, warum ich soviel die deutsche Regierung kritisiere, dann sage ich euch: unser Einfluss auf Regierende in Rußland, Ukraine, USA ist gering. Wir können deutlich mehr Einfluss ausüben auf die deutsche Regierung und ihr Handeln in ihren Bündnissen.
Während 100 Mrd.-Bankdarlehen in weltweite Militäreinsätze, Krieg und Zerstörung gesteckt werden, blutet das Gesundheitswesen aus. Auch nach 2 Jahren Pandemie-Erfahrung läuft das Programm der Klinikschließungen weiter. Keinen Gedanken verschwendet die Bundesregierung darauf, Klinikleistungen wieder kostendeckend zu finanzieren.
Explodierende Preise für Lebensmittel und Energie, Reallohnverluste, unsichere bis prekäre Jobs – das ist ab jetzt unsere Zukunft.
Mindestlohn, Energiekostenzuschuß und andere Almosen halten sozialen Niedergang nicht auf.
Die Wende zum homeoffice macht auch nichts besser, da manche Staatslenkende ganz offen fordern, für die „Freiheit zu frieren“. Kriegswirtschaftsminister Habeck befürchtet denn auch, dass die derart betroffenen Massen das nicht hinnehmen, wenns um Brot oder Kanonen geht. Die aggressivsten Kräfte des Kapitals haben in Deutschland das Zepter übernommen. Dazu gehört Rheinmetall. Dessen Börsenkurs stieg von Februar bis Mai 2022 um satte 138%.
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JA, und wo Rheinmetall schießt, da bleibt kein Stein und Bein aufeinander. Rrruuummss Rruuummss Rruuummms. Der Tod ist seit 123 Jahren ein Meister aus Deutschland und Unterlüß.
Ihr kennt das geflügelte Wort „Krieg macht Flucht!“ – dazu leistet auch Rheinmetall schon sehr lange seinen Beitrag.
Zum Ausgleich bot der Konzern Geflüchteten Ausbildungs- und Praktikumsplätze an (sh. Cellesche Zeitung 25.9.2015). Bin gespannt, wer jetzt wohl beim großen Rüstungsauftrag mit anpacken darf ?
Ich aber sage euch:
Besser wäre, diese Heuchler würden ihre Waffenexporte einstellen!!
Wer Waffenexporte verdoppelt hat, sollte in der Flüchtlingsdebatte besser das Maul halten !!
Können die RheinmetallerInnen eigentlich auch nützliche Güter herstellen?
Ja, Rheinmetall hat auch eine profitable Automobilsparte. Rheinmetall hat nach den Weltkriegen zivile Produkte profitabel hergestellt. Es geht also.
Die meist hochqualifizierten Rheinmetall-Beschäftigten könnten heute High-Tech-Geräte fürs Gesundheitswesen und erneuerbare Energien produzieren – wenn die Firma denn will.
Aber an Mordinstrumenten lässt sich besser verdienen, das wird auch offen zugegeben.
Hier in der Heide dreht sich viel um Panzer. Rheinmetall in Unterlüß produziert die Mordfahrzeuge, die Panzertruppenschule im größten Bundeswehr-Heeresstandort Munster ist die Fahrschule, Europas größter Truppenübungsplatz zwischen Bergen und Bad Fallingbostel ist Kriegs-Trainingsplatz und ausgediente Exemplare sind nach Kampfeinsätzen irgendwo in der Welt im Panzermuseum Munster zu bewundern.
Wir haben in den Landkreisen Celle und Heidekreis selbstverständlich noch viele weitere militärische Einrichtungen. Und weil wir die größte derartige Konzentration Deutschlands haben, sind unsere MdB’s Henning Otte CDU und Lars Klingbeil SPD-Chef Mitglied im sog. Verteidigungsausschuss des Bundestages.
Wo viel Militär ist, gibts auch Widerstand!!
Auf unsere lokale gewerkschaftliche Initiative hin, haben ver.di-Bundeskongress und DGB-Konferenz Niedersachsen-Bremen-Sachsen-Anhalt gleich-lautende Forderungen an die Bundesregierung beschlossen. Wir verlangen für Europas größten TrÜbPlatz die Finanzierung einer neuen Wirtschaftsstruktur und die muss sozial, ökologisch und nicht-militärisch sein.
Mit der Bürgerinitiative haben wir ein umsetzbares Konversionsprogramm entwickelt. Wir wollen daraus ein UNESCO-Biosphärengebiet machen. Das schafft tausende zivile Arbeitsplätze. Tourismus und ökologische Landwirtschaft sind ohnehin besser für die Gesundheit. Ja, für die Gesundheit der Menschen in Afrin, Mali, Ukraine und in der Heide und natürlich auch in Völksen und Springe.
Unsere Gewerkschaftsparole heißt denn auch:
„Abrüstung JA – arbeitslos NEIN !“
Wir fordern für die Menschen in den wenigen weiterhin bewohnten Dörfern des TrÜbPlatz (ja da wirklich Menschen!) endlich die Einführung ganz normaler kommunaler Rechte, um sich gegen Häuserabriss der BIMA (Bundesanstalt für Immobilienaufgaben) und Ausweitung des Militärs wehren zu können. Die Dörfer werden seit 1936 durch einen zentral-staatlichen Gouverneur verwaltet. Bürgermeister und Gemeinderat gibts nicht.
Im Jahr 2020 bekamen wir direkt aus USA eine große Invasion von zig-tausenden Kriegern mit großen Mordmaschinen auf „unseren“ TrÜbPlatz. Sie sollten hier tüchtig rumballern, ehe sie ihr provokantes Großmanöver DEFENDER EUROPE2020 direkt vor Rußlands Grenze fortsetzen. Corona ließ die Kriegsspiele frühzeitig einfrieren. Da das Großmanöver ja regelmäßig bei uns wieder stattfinden soll, haben wir viele Male gegen diese US- und NATO-Provokation vor und auf dem TrÜbPlatz protestiert.
Hier wird auch Häuserkampf trainiert, auf Schießbahnen nahe der KZ-Gedenkstätte Bergen-Belsen laut geknallt und unsere Gedenkfeiern auf den 3 sowjetischen Kriegsgefangenen-Friedhöfen, werden aus sog. Sicherheitsgründen auf den Zufahrtswegen mit Rede- und Fahnenverbot belegt. Militär und Demokratie passt eben nicht zusammen!!
Mit Frank Bsirske und vielen anderen bin ich für ein 100 Mrd.-Sondervermögen für Pflege, Bildung, soziale Sicherung und erneuerbare Energien.
Unser ver.di-OV-Heidekreis gehörte am 17.3.22 zu den ersten, die einen solchen Antrag beschlossen haben. In der Pflege gibts schon praktische Initiativen das durchzusetzen.
Healthcare not Warfare!
Ich mach mal Schluß, und habe für euch noch 2 Infos aus unserem Friedenskampf. Den beschlossenen ver.di-Antrag und den flyer der Initiative Biosphärengebiet.
Habt keine Angst, eure Friedensmeinung laut zu sagen!
Wir sind fürs Soziale fix, für die Rüstung kriegen die nix!