VVN-BdA-Aktion erinnert an den Todesmarsch vom KZ Laagberg
23. September 2016
Erinnern, KDF Wagen, Lager, VVN Wolfsburg
In der Nachkriegszeit wurde bis in die 50-iger und 60-iger Jahre hinein die blutige Geschichte der NS-Zeit in Wolfsburg – wie in der übrigen BRD auch – verdrängt oder beschönigt. Allerdings gab es Zeugen aus den 40er Jahren, die anfingen zu sprechen, je länger je mehr: Die steinernen Gedenkplatten für die ermordeten Kinder und ZwangsarbeiterInnen auf einem Teilstück des Nordfriedhofes, das damals „Russenfriedhof“ und „Ausländerfriedhof“ genannt wurde. Ab Mitte der 70-iger Jahre wurden dort am 8. Mai regelmäßig durch BürgerInnen Gedenkveranstaltungen durch geführt. Diese Gedenkveranstaltungen wurden auch wesentlich von der VVN-BdA mitgestaltet. 1985 konnte durch einen Bürgerantrag die Umbenennung des „Ausländerfriedhof“s in „Gedenkstätte für die Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft“ erreicht werden.
Zu diesen Gedenkveranstaltungen am 8. Mai wurden ab Anfang der 80-iger Jahre auch überlebende ZwangsarbeiterInnen eingeladen. Insbesondere französische Überlebende, organisiert in der Gruppe „Amicale de Neuengamme“ mit ihrem Sprecher Maurice Gleize, erinnerten an das Außenlager des KZ Neuengamme auf dem Laagberg, das bis dahin völlig aus dem Gedächtnis der Wolfsburger Stadtbevölkerung verdrängt worden war. Letzte Barackenüberreste waren Anfang der 60-iger Jahre beseitigt worden. Die Überlebenden erreichten, dass ab 1987 eine Stele an der Breslauer Straße an dieses ehemalige KZ-Außenlager erinnert.
Die Existenz und die Auflösung des Laagberg-Lagers wurden bisher in der Wolfsburger Öffentlichkeit kaum thematisiert.
Am 7. April 1945 wurden die Häftlinge des Außenlager Laagberg deportiert. Ihre Zahl hatte sich durch Transporte aus dem Kasseler Raum und aus dem Neuengamme-Außenlager Porta Westfalica auf rund 1600 nahezu verdoppelt. Sie wurden von der SS zum Bahnhof Fallersleben getrieben und zu mehr als 100 Mann in Güterwaggons eingepfercht. Von dort aus wurden sie über mehrere Stationen mit tagelangen Wartepausen – eingezwängt in den Viehwaggons, nahezu ohne Wasser und Nahrung – nach Wöbbelin verschleppt. Dort starben dem Bericht eines Überlebenden zufolge, der im Lager Wöbbelin im Krankenrevier lag, täglich mehr als fünfzig Gefangene an Typhus, Tuberkulose, Ruhr, Ödemen und allgemeinem körperlichem Verfall. Am 2. Mai wurden die KZ-Häftlinge von amerikanischen Truppen befreit. So endete das KZ-Außenlager Laagberg, das integraler Bestandteil des Lager- und KZ-Systems um das Volkswagenwerk in der „KdF-Stadt“ gewesen war.
An dieses „Endphasenverbrechen“ hat die VVN-BdA Wolfsburg am 21.9. mit einer temporären Kunstinstallation an der Stele erinnert – siehe Fotos. Die Kunstexponate wurden von Mechthild Hartung, der Landes- und Kreissprecherin der VVN-BdA, gestaltet.
Der konkrete Anlass für die Kunstaktion zu diesem Zeitpunkt ist eine Tagung der Außenlager-Initiativen und -Gedenkstätten des ehemaligen KZ Neuengamme, die Ende des Monats in Kooperation mit der Volkswagen AG und dem Institut für Zeitgeschichte (IZS) in Wolfsburg stattfinden wird.
Wir hoffen, dass diese temporäre Kunstinstallation und die Tagung der Außenlager-Initiativen zur vertieften Auseinandersetzung mit der Geschichte Wolfsburg beitragen.