Hinrich Wilhelm Kopf – Erinnerung an einen Nazi
15. August 2016
Entnazifizierung, Erinnern, Mahnen
VVN-BdA Wolfsburg: Aktion für historische Wahrheit
Mit einer Aktion an der Hinrich-Kopf-Straße in Wolfsburg/Detmerode hat die VVN-BdA Wolfsburg am 21. Juli mehr historische Wahrheit bei Straßennamen verlangt, siehe Fotos. Der nach dem ersten niedersächsischen Ministerpräsidenten Hinrich Wilhelm Kopf benannte Platz vor dem Landtag in Hannover war 2015 in „Hannah-Arendt-Platz“ umbenannt worden. Grund: Nachdem bereits kurz nach dem Krieg Kopfs Auslieferung von den Staatsorganen Polens erfolglos verlangt worden war, um ihn als Kriegsverbrecher zur Rechenschaft zu ziehen, gibt es 70 Jahre später auch in der Bundesrepublik keinen Zweifel: Es steht fest, dass sich Hinrich Wilhelm Kopf während der NS-Zeit an der „Arisierung“ jüdischen Eigentums profitabel beteiligte. „Für seine Verdienste bei der ‚Entjudung‘ und ‚Deutschmachung‘ des besetzten Polens erhielt Kopf satte Provisionen“ (Süddeutsche Zeitung vom 11.7.2013). Im Unterschied zu anderen NS-Mittätern zeigte Kopf nach 1945 keine Reue, übernahm keine Verantwortung, bot keine Entschuldigung an, sondern stritt seine auf Gewinnsucht beruhenden Nazi-Taten ab und belog dabei Parlament und Öffentlichkeit. In Folge der Umbenennung in Hannover fasste der für die Hinrich-Kopf-Straße in Wolfsburg zuständige Ortsrat Detmerode im Juni 2015 den Beschluss, die Straße in Horst-Weiß-Straße* umzubenennen.
Nach Protesten der Anwohner mit dem altbekannten Argument „Das ist ja alles noch gar nicht geklärt“ wurde der Beschluss im Ortsrat zurückgenommen: Die Hinrich-Kopf-Straße bleibt. Als Geste der „Vergangenheitsbewältigung“ sollte aber zumindest die dem Straßennamen beigefügte Legende verändert werden. Da sich aber seit einem Jahr nichts getan hat, schritt die VVN-BdA Wolfsburg nun mit der Aktion selbst zur Tat: mit einer selbst angefertigten Legende am Straßenschild wurde auf die Rolle von Hinrich Wilhelm Kopf in der nach ihm benannten Straße hingewiesen. Auch der Ortsbürgermeister von Detmerode, Ralf Mühlisch, war auf Einladung der VVN gekommen: „Der Ortsrat hat von der Verwaltung eine veränderte Legende verlangt. Nichts ist passiert, das gehört sich nicht“, so Mühlisch. Beide Wolfsburger Zeitungen berichteten über die zunächst provisorisch angebrachte Legende. *Horst Weiß war Detmeroder Ortsbürgermeister und hatte sich intensiv für deutsch-polnische Versöhnung eingesetzt.
Hinrich Wilhelm Kopf (1893 – 1961) – eine notwendige Diskussion
Auf Anregung der VVN-BdA Wolfsburg e.V. hat die Deutsch-Polnische Gesellschaft Wolfsburg/ Gifhorn Dr.Grieger (Volkswagenarchiv) zu einem Dislussionsveranstaltung nach Detmerode eingeladen (Termin nach der Sommerpause).
Hinrich Wilhelm Kopf hat sich an Arisierungsmaßnahmen der deutschen Wirtschaft beteiligt und sich an Notverkäufen flüchtender Polen und Juden bereichert. Im Unterschied zu anderen NS-Mittätern zeigte Kopf nach 1945 keine Reue, übernahm keine Verantwortung, bot keine Entschuldigung an, sondern stritt seine auf Gewinnsucht beruhenden Nazi-Taten ab und belog dabei Parlament und Öffentlichkeit.
Er war elf Jahre lang niedersächsischer Ministerpräsident und namhafter SPD-Politiker.
Inzwischen möchte die SPD diesen Makel los werden. Namhafte Politiker, darunter der amtierende Ministerpräsident Stephan Weil (SPD), sind für eine lückenlose Aufarbeitung. Ihn empören nicht nur die von Kopf und anderen begangenen Verbrechen, sondern auch, dass Kopf seine Vergangenheit geleugnet hat. „Sagen wir es klipp und klar: Kopf hat den Landtag angelogen“, so Weil.
Am 2. April 2015 erfolgte die Umbenennung Hinrich-Wilhelm-Kopf-Platzes am Landtag Hannover in „Hannah-Arendt-Platz“.
Nun hatte auch der Ortsrat Detmerode die Umbenennung der H.W.Kopf-Straße in Horst Weiß-Straße beschlossen. Das ist sehr zu begrüßen, denn Horst Weiß hat sich gemeinsam mit Gleichgesinnten sowohl um die Aufarbeitung der Wolfsburger Geschichte (ab 1938) als auch um die deutsch-polnische Aussöhnung verdient gemacht. Dafür hater sogar den Bundesverdienstorden verliehen bekommen.
Bereits kurz nach dem Krieg wurde erfolglos die Auslieferung H.-W.-Kopfs von den Staatsorganen Polens verlangt, um ihn dort als Kriegsverbrecher zur Rechenschaft zu ziehen. Kopf stand seit November 1947 auf der Kriegsverbrecherliste der alliierten Kriegsverbrecherkommission. Die Streichung von dieser Liste führte in Polen zu der Forderung, gegen ihn in Abwesenheit ein Strafverfahren durchzuführen.
70 Jahre später gibt es nun auch in der Bundesrepublik keinen Zweifel:
Es steht fest, dass sich der spätere niedersächsische Ministerpräsident H.-W.-Kopf während der NS-Zeit in Berlin an der ‚Arisierung‘ jüdischen Eigentums profitabel beteiligte. „Als Generaltreuhänder der ‚Haupttreuhandstelle Ost‘ half Kopf den Nazis beim Raub von Privateigentum jüdischer und christlicher Polen in Oberschlesien. Die Hitler-Regierung siedelte in Polen sogenannte Volksdeutsche an. Die Polen und Juden wurden gezwungen, Hab und Gut zu verkaufen, sie wurden vertrieben oder in KZ verschleppt.“ (LZ v. 19.6.2014)
“Für seine Verdienste bei der ‚Entjudung‘ und ‚Deutschmachung‘ des besetzten Polens erhielt Kopf satte Provisionen. In polnischen und britischen Archiven fand die Göttinger Historikerin Teresa Nentwig unter anderem Kopfs Unterschriften auf Beschlagnahme-Befehlen. Es sind Belege dafür, dass der Sozialdemokrat Kopf ein zuverlässiger Handlanger war.“ (SZ 11.7.2013)
Solange ein Anwohner am Stand des Ortsbürgermeisters in einer Diskussion sagt, es sei ihm „scheißegal“, wie seine Straße hieße, sie könne von ihm aus auch Adolf-Hitler-Straße heißen, muss aufgeklärt und gestritten werden.
Die Umbenennung der Hinrich-Wilhelm-Kopf-Straße ist richtig und notwendig.
Das sind wir Demokraten den Opfern des Faschismus schuldig!
Quellen: Wikipedia, SZ=Süddeutsche Zeitung, LZ=Lüneburger Zeitung