8.Mai in Wolfsburg: Gedenken heißt Handeln

18. Mai 2023

Gedenkstätte für die Opfer des Faschismus (Werderstraße). Foto: M. Hartung

Etwa 100 Bürgerinnen und Bürger folgten in diesem Jahr der Einladung des breiten Bündnisses um den „Wolfsburger Verein Erinnerung und Zukunft“ mit Beteiligung der VVN-BdA auf die Gedenkstätte für die Opfer des Faschismus.

Die Hauptrednerin, Sandra Straube, Vorsitzende des Kulturausschusses, erinnerte in ihrer Rede daran, dass es leider nach dem Ende des 2. Weltkrieges in Europa weltweit viele Kriege gegeben habe. Der Krieg in der Ukraine sei vielen Deutschen wegen der geographischen Nähe aber besonders bewusst. Sie äußerte die Hoffnung, dass Kunst und Kultur dazu beitragen die Menschen zu ändern. Ihr Appell lautete daher: „Finanzielle Mittel für den Kulturbereich dürfen nicht gekürzt werden“. Deswegen solle auch die Errichtung des Lern- und Gedenkortes am Laagberg, der an das ehemalige KZ erinnert, bald angegangen werden.

Schüler der 10. Klasse des Gymnasiums Fallersleben betonten in ihren Beiträgen, wie wichtig es sei, in einer Demokratie zu leben. Deswegen sei die Erinnerung an das NS-Unrechtsregime unersetzlich. Denn: „Jene die ihre Vergangenheit vergessen, sind dazu verdammt sie zu wiederholen.“ Es müsse auch mehr an jene erinnert werden, die den Mut besaßen sich aufzulehnen. Diese Forderung hatte bereits vor zwei Jahren der Historiker Prof. Dr. Manfred Grieger, Koautor der Studie „Das Volkswagenwerk und seine Arbeiter im Dritten Reich“, an die Stadt gerichtet: Sie solle endlich mehr Engagement in der Erforschung der lokalen Widerstandsgeschichte zeigen. Passiert ist seit damals in dieser Hinsicht nichts!

Der Redner der SJD Die Falken Wolfsburg stellte das mit dem Sara-Frenkel-Preis gewürdigte Projekt der Falken vor: Die Namen der 81 sowjetischen Kriegsgefangenen, die in der „KdF-Stadt“ umkamen, sind auf den Grabplatten ausschließlich in kyrillischer Schrift vermerkt. Im Rahmen des Falken-Projektes wird eine Tafel errichtet, auf der die Namen sowohl in kyrillischer als auch in lateinischer Schrift, ergänzt durch eine kurze historische Erläuterung, zu lesen sein werden. In seinem kämpferischen Beitrag sagte er: „Der Philosoph Theodor Adorno möchte in der Erziehung nach Auschwitz nicht die Liebe predigen. Unserer Meinung nach geht es vielmehr darum sich bewusst zu werden, dass wir alle in einer alles durchdringenden bürgerlichen Kälte aufwachsen. … Wir haben das Wissen, dass wir uns nur gemeinsam gegen Ausbeutung, Nationalismus und Faschismus wehren können. … Hoch die Internationale Solidarität! Für Frieden und Sozialismus, gegen das Vergessen! Freundschaft!“

Die Rede ist hier nachzulesen.

Widerstandslieder

Der IG Metallchor „Gegenwind“ begleitete die Veranstaltung mit internationalen Liedern. Sie handeln vom Widerstand gegen Unterdrückung und Faschismus und zeigen, dass Kunst und Kultur einen wichtigen Beitrag im Kampf um Freiheit, Demokratie und Frieden leisten kann.

Die Wolfsburger VVN-BdA ehrte auch an weiteren Orten die Opfer der Nazidiktatur. So schmückte sie das Relief an der BBS I, das an den Standort des sogenannten „Kinderheimes“ des Volkswagenwerkes erinnert, mit roten Nelken – siehe Foto Relief. Das Relief hatte die VVN im Jahr 2013 gemeinsam mit dem IG Metall-Ortsteil und Schülerinnen und Schüler der Berufsschule angebracht. Allein hier waren mehr als 75 Kleinkinder von Zwangsarbeiterinnen umgekommen.

Die Vorsitzende der Wolfsburger VVN, Mechthild Hartung, sagte dazu: „Für mich ist es nur schwer erträglich, dass einer der Hauptverantwortlichen für den Tod dieser Kinder und ihrer Mütter, an die wir heute Nachmittag auf der Gedenkstätte erinnert haben, nämlich Porsche, in dieser Stadt immer noch – u.a. – mit der Benennung der Hauptgeschäftsstraße und mit einem Denkmal vor dem Rathaus – geehrt wird. Wir wollen stattdessen, dass endlich mit der Errichtung des Lern- und Gedenkortes am Laagberg begonnen wird. Und wir möchten, dass der 8. Mai in Niedersachsen ein arbeitsfreier, staatlicher Feiertag wird. Hierzu hat die niedersächsischen VVN-BdA eine Unterschriftenaktion und eine Online-Petition unter der Adresse weact.campact.de/p/8Maifrei gestartet.“ A. Hartung

„Erinnern, Mahnen, Handeln!“ (Schachtweg). Foto: M. Hartung

8.Mai in Wolfsburg: Schluss mit den Kriegen

25. April 2023

Polin droht Porsche. Holzrelief: M. Hartung

Seit vielen Jahren organisiert ein breites Bündnis um den „Wolfsburger Verein Erinnerung und Zukunft“ mit Beteiligung der VVN-BdA die Gedenkfeier anlässlich des 8. Mai auf der Gedenkstätte für die Opfer des Faschismus. Wir gedenken dort auch der mehr als 350 Säuglinge und Kleinkinder, die Porsche auf dem Gewissen hat (siehe Zeichnung). Sie starben im sog. „Säuglings- und Kinderpflegeheim“.

Vor zwei Jahren hatte der Hauptredner, der Historiker Prof. Dr. Manfred Grieger, Koautor der Studie „Das Volkswagenwerk und seine Arbeiter im Dritten Reich“, von der Stadt gefordert, endlich mehr Engagement in der Erforschung der lokalen Widerstandsgeschichte zu zeigen. Passiert ist seit damals in dieser Hinsicht nichts! Auch die Errichtung der Lern- und Gedenkstätte am Laagberg zur Erinnerung an das ehemalige KZ kommt nicht voran.

In diesem Jahr wird Frau Straube, die Kulturausschussvorsitzende des Rates, die Hauptrede halten. Vielleicht gibt es ja dazu Neuigkeiten?

Weitere Mitwirkende an der Gedenkveranstaltung am 8. Mai ab 17.00 Uhr an der Gedenkstätte, Werderstraße/Lydia- Stowbun-Weg, sind Schülerinnen und Schüler des 10. Jahrgangs des Gymnasiums Fallersleben und Aktivist*innen der SJD Die Falken Wolfsburg. Die musikalische Gestaltung hat der IG Metall-Chor „Gegenwind“ übernommen.

Der Aufruf des Bündnisses kann unter dieser Adresse gelesen werden.

Ostermarsch in Wolfsburg: 150 fordern Waffenstillstand und Frieden

11. April 2023

Zwischenstopp des Ostermarsches für eine Friedenskundgebung. Foto: L. Hartung

Trotz des sehr ungemütlichen Wetters haben sich über 150 Wolfsburgerinnen und Wolfsburger am diesjährigen Ostermarsch in Wolfsburg beteiligt. Dazu aufgerufen hatten die DGB-Gewerkschaften, Arbeit und Leben und die VVN-BdA Wolfsburg unter dem Motto „Kriege beenden, den Frieden gewinnen“.

Nach der Auftaktkundgebung am Gewerkschaftshaus zogen die Menschen mit Fahnen und Transparenten durch die Fußgängerzone zum Hugo-Bork-Platz. Zahlreiche junge Gewerkschafter*innen machten mit Vuvuzelas und Trillerpfeifen lautstark auf den Demozug aufmerksam. Trotzdem war der Demoruf „Frieden schaffen ohne Waffen“ nicht zu überhören.

Bei der Abschlusskundgebung unter dem Glasdach forderten alle Redner*innen, dass Russland seine völkerrechtswidrige Aggression in der Ukraine beenden muss. Der 1. Bevollmächtigte der IG Metall Wolfsburg, Flavio Benites, verlangte zusätzlich aber, dass endlich auch mehr Gewicht auf Waffenstillstand und Verhandlungen gelegt werden sollte. Flavio Benites gehört zu den Unterzeichnern eines kürzlich veröffentlichten, viel beachteten Friedensappells „aus der Mitte der Gesellschaft“ (www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/frieden-fuer-die-ukraine-ein-friedensappell-aus-der-mitte-der-gesellschaft-li.332707).

Großen Applaus bekam Isabella Arpaia, die für den Ortsjugendausschuss IG Metall WOB sprach. Sie gab bekannt, dass sich der Ortsjugendausschuss gegen Aufrüstung ausgesprochen hat.

„Es ist inzwischen eine gute Tradition, dass die DGB-Gewerkschaften und die VVN-BdA zu diesem inzwischen achten Ostermarsch ab 2014 aufrufen. Und es spricht für den Friedenswillen zahlreicher Wolfsburgerinnen und Wolfsburger, dass diese gute Tradition auch durch die Corona-Zwangspause nicht verloren gegangen ist“, so die Wolfsburger VVN-Landessprecherin Mechthild Hartung zwar durchgefroren, aber dennoch zufrieden mit dieser Friedensmanifestation in Wolfsburg. AH

Wolfsburg: Jugend feiert mit VVN-BdA den „feministischen Kampftag“

15. März 2023

Auch in diesem Jahr hatte in Wolfsburg anlässlich des Frauentags am 8. März ein Jugendbündnis um die SJD Die Falken wieder zu einer Aktion in der Innenstadt in der Porschestraße eingeladen. „Die Ungleichbehandlung und Bezahlung von Frauen in unserer Gesellschaft ist leider immer noch Realität“ heißt es in ihrem Aufruf.

Vor gut 20 überwiegend jungen Menschen prangerten die Rednerinnen unhaltbare Zustände an, die auch von Sexismus, Gewalt gegen Frauen und Rassismus geprägt sind.

Auch die VVN-BdA Wolfsburg war wieder zu einem Redebeitrag eingeladen worden. Die Wolfsburger VVN-BdA-Vorsitzende Mechthild Hartung betonte in ihrem Beitrag, dass sich der Sozialabbau auch unter der „Ampel-Koalition“ verheerend gerade gegen Frauen auswirkt. Sie enthüllte während ihrer Rede die Tonplastik der ehemaligen Jobcenter-Beschäftigten Inge Hannemann, deren Porträt auf einem Sockel Szenen aus ihrem Leben zeigt (siehe Foto unten). Hannemann hatte sich geweigert, die Hartz IV-Repressalien gegen ihre „Kundinnen“ umzusetzen und war deswegen selber dem Druck der Behörde ausgesetzt, der sie letztlich aus ihrem Beschäftigungsverhältnis trieb. Hannemann sei deshalb ein heutiges Beispiel für die im Aufruf des Bündnisses angeprangerte Benachteiligung von Frauen im real-existierenden Kapitalismus in Deutschland, so Hartung.

Diese Rede mit bildlicher Vermittlung machte auf die jungen Antifaschist:innen sichtbaren Eindruck. „Wenn der Gemeinschaftskundeunterricht in der Schule so aussähe, würde die Hälfte nicht pennen“, so der anerkennende Kommentar einer jungen Aktivistin.

Bereits am Vormittag des 8. März hatte ein Bündnis um das Wolfsburger „Frauenzimmer“ in historischer Bekleidung in der Innenstadt Rosen an Passantinnen verteilt. Mechthild Hartung erinnerte als Clara Zetkin an die Schöpferin des „Internationalen Frauentages“ vor mehr als hundert Jahren (siehe Foto oben). In zahlreichen Gesprächen wies sie als „Clara“ daraufhin, dass der Kampf um Frauenrechte und für Frieden weiterhin sehr aktuell ist, woraus sich intensive Gespräche mit vielen Frauen entwickelten.

Lesung im Programm zum Internationalen Frauentag

2. März 2023

LORE WOLF „ICH HABE DAS LEBEN LIEB“

Lesung am Mi. 15. März um 18:00 Uhr / Einlass 17:30 Uhr

Gewerkschaftshaus / Siegfried-Ehlers-Str. 2 / 38440 Wolfsburg

Eintritt frei

In Zusammenhang mit der Ausstellung „Nichts war vergeblich. Frauen im Widerstand im Nationalsozialismus“ im Gewerkschaftshaus, in dem Lore Wolf ein Tableau gewidmet ist, findet eine Lesung aus einem ihrer Bücher statt. Die Ausstellung wird im Laufe des Jahres im Gewerkschaftshaus zu sehen sein.

Veranstalter*in: VVN-BdA Wolfsburg e. V.

Das gesamte Programm kann unter www.wolfsburg.de/gleichstellung eingesehen werden.

Erinnerung an Hanau-Massaker 2020

22. Februar 2023

Organisationen und Netzwerke aufzeigen!

Demonstration in Wolfsburg 2021. Foto: M. Hartung

Zur Erinnerung an das Massaker in Hanau vor drei Jahren, bei dem am 19. Februar 2020 neun Menschen ‚mit Migrationshintergrund‘ vor und in einer Shisha-Bar ermordet wurden, hatten die VVN-BdA Wolfsburg, Die Falken Gruppe Wolfsburg, und der IG Metall-Wohnbezirk Wolfsburg zum Film „Hanau: Eine Nacht und ihre Folgen“ ins Gewerkschaftshaus eingeladen.

Der Dokumentarfilm, in dem Überlebende und Angehörige das berichten, was geschah – vor, während und nach der Tat – beeindruckte die Besucher*innen sehr. Denn er stellt auch die Frage nach dem Fremdsein in Deutschland, nach Ungleichheit und nach dem alltäglichen Rassismus in Behörden und Bildungseinrichtungen.

Von wegen „Einzeltäter“

In der angeregten Diskussion nach dem Film wurde kritisiert, dass die Behörden nur zu gerne vom verwirrten Einzeltäter reden. Organisationen und Netzwerke dagegen bleiben unbelichtet. Und der alltägliche Rassismus wird immer wieder verharmlost. Deswegen sind Veranstaltungen, Filme und auch Aktionen dazu weiter notwendig.

Mehrere Teilnehmer schlugen deswegen vor, vielleicht im nächsten Jahr wieder wie 2021 eine Demonstration und Kundgebung zu diesem Datum durchzuführen. MH

Porschestraße symbolisch umbenannt

6. Februar 2023

Seit vielen Jahren fordern Wolfsburger Antifaschist*innen, die nach dem hohen Wehrwirtschaftsführer der Nazis und erstem Geschäftsführer des Volkswagenwerkes, Ferdinand Porsche, benannte Porschestraße umzubenennen. Obwohl sein verbrecherisches Wirken in der damaligen KdF-Stadt noch allgemein bekannt war, wurde bereits kurz nach seinem Tod im Jahr 1951 die Hauptgeschäftsstraße nach dem Verantwortlichen für das Leiden und den Tod tausender Zwangsarbeiter*innen benannt.

Die langjährige Forderung nach Umbenennung, zumindest Kommentierung, ist nun Anfang Februar symbolisch von Antifaschist*innen umgesetzt worden. An mehreren Straßenschildern der Porschestraße, die ohne Hinweis auf seine verbrecherische Karriere aufgestellt sind, wurden Folien mit dem Schriftzug „Anne-Frank-Straße“ angebracht. Darunter kommentierend: „Erinnerung an 20 000 Menschen, die durch PORSCHE im Volkswagen-Werk Zwangsarbeit leisten mussten. 1939-1945“ -siehe Foto.

Bleibt zu hoffen, dass diese mutige Aktion die Diskussion über die Rolle Porsches im Faschismus neu belebt und vielleicht sogar zum Erfolg führt! Wenn Rufe Unverbesserlicher nach Strafe für die Aktion laut werden sollten: Auf keinen Fall mehr als sie Porsche für seine Verbrechen bekam – nämlich nichts!

Mehr über die Rolle Porsches und den Umgang mit ihm in Wolfsburg nach dem Faschismus kann in dem Buch: „75 Jahre ‚Stadt des Kdf-Wagen/Wolfsburg‘, Stephan Krull (Herausgeber), Verlag Ossietzky, 2013“ nachgelesen werden. Das Buch ist auch in der Stadtbibliothek Wolfsburg ausleihbar.

Auschwitz-Gedenktag in Wolfsburg: Erinnern und nie wieder zulassen bleibt zentrale Aufgabe der VVN

6. Februar 2023


Am Auschwitz-Gedenktag legte u.a. die VVN-BdA Kränze am Mahnmal nieder.
Foto: A. Hartung

Nach zweijähriger Corona-Pause hatte die Stadt Wolfsburg wieder gemeinsam mit dem Internationalen Auschwitz Komitee (IAK) und dem Wolfsburger Verein Erinnerung und Zukunft anlässlich des Auschwitz-Gedenktages ins Hallenbad eingeladen. Genau eine Woche vor dem nationalen Gedenktag informierten Wolfsburger Initiativen über ihre Aktivitäten des Gedenkens.

Auch die VVN-BdA Wolfsburg war mit einem gut besuchten Infostand vertreten – siehe Foto. Christoph Heubner, Exekutiv-Vizepräsident des IAK und Moderator der Veranstaltung, konnte nahezu 300 Gäste begrüßen. OB Weilmann überbrachte zu Beginn ein Grußwort des Rates. Großen Applaus gab es für seine Zusicherung, spätestens 2025 mit der Errichtung des Lern- und Gedenkortes auf dem Gelände des KZ-Außenlagers Neuengamme am Laagberg zu beginnen. Darin sollen auch die freigelegten Fundamente des KZ als wichtiges Zeugnis der NS-Gewaltherrschaft in der damaligen KdF-Stadt gesichert werden.

Die Errichtung eines Einkaufzentrums auf einem Großteil des ehemaligen Lagergeländes hatte zu heftigen Kontroversen in der Stadt geführt. Die VVN-BdA Wolfsburg berichtete umfangreich über den Diskussionsprozess – siehe zahlreiche Berichte in 2017 – 2022.

Azubis besuchten Auschwitz

Es schloss sich ein anspruchsvolles Programm auf der Bühne des Hallenbades an. VW-Auszubildende berichteten von ihrem Besuch in Auschwitz, die Vertreter der jüdischen Gemeinden in Wolfsburg betonten die Bedeutung des Gedenkens an den Holocaust. Rabbiner Yakov Harety von der Orthodoxen Jüdischen Gemeinde dazu: „Wir können die Vergangenheit nicht mehr ändern, aber wir können etwas für die Zukunft tun. Hass kann man nicht mit Gesetzen abschaffen, sondern mit gegenseitigem Kennenlernen“.

Besonders eindrucksvoll: Zwei junge Ukrainerinnen verlasen Namen von in der damaligen KdF-Stadt umgekommenen Menschen aus der Sowjetunion, die auf der Gedenkstätte für die Opfer des Faschismus begraben liegen. Drei Musiker*innen begleiteten mit Klavier, Saxophon, Trompete und Akkordeon gefühlvoll die Veranstaltung. Ein Höhepunkt dabei: Rabbi Harety trug dazu mit tiefer Stimme zwei jiddische Lieder vor.

Schüler:innen trugen Texte vor

Am Auschwitz-Gedenktag selbst, dem 27. Januar, wurde dann auch auf der Gedenkstätte für die Opfer des Faschismus in der Werderstraße wieder an die Nazi-Gräuel erinnert. Hier liegen über 470 Opfer v.a. aus Polen und der Sowjetunion begraben, die an den Folgen der Zwangsarbeit im damaligen Volkswagenwerk starben, darunter mehr als 150 Kleinkinder und Babys. Über 50 Bürger*innen nahmen teil, darunter eine große Gruppe Schüler*innen der Gesamtschule Westhagen, die im März auch Auschwitz besuchen werden. Fünf von ihnen trugen selbstverfasste Texte vor, die vor Antisemitismus, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit warnten.

Besonders eindrucksvoll: Ein Schüler spielte trotz des unwirtlichen Wetters auf einer Geige die Titelmelodie von „Schindlers Liste“ vor. Der anwesende OB dankte gerade diesen jungen Menschen besonders für ihr Engagement.

Städtische Gliederungen, die IG Metall und zivilgesellschaftliche Initiativen, darunter auch die VVN-BdA Wolfsburg, legten vor dem von der Sowjetarmee 1946 errichteten Mahnmal Kränze und Gebinde ab -siehe Foto. „Es ist gut und wichtig, dass nach der Corona-Unterbrechung das Gedenken an die Befreiung von Auschwitz durch die Rote Armee wieder in würdiger Form aufgenommen worden ist“, so die VVN-BdA Landessprecherin Mechthild Hartung zu den Veranstaltungen in Wolfsburg. „Wir als VVN-BdA sehen diese Erinnerungsarbeit und unsere Beteiligung daran gerade in der heutigen konfliktreichen Gegenwart als eine unserer zentralen Aufgaben an. Für uns gilt: Erinnern, Mahnen, Handeln!“ A. Hartung

Der Infostand der VVN-BdA Wolfsburg beim Gedenktag anlässlich des Auschwitz-Gedenktages.
Foto: A. Hartung

Königslutter und der Krankenmord

17. Januar 2023

„Mein Großvater hat ganz genau gesehen, was dort ablief und sich sogar versichert, ob das alles Rechtens ist.“

Dies sagte Sebastian Barnstorf, Enkel des damaligen Arztes Dr. Barnstorf. Er sprach anlässlich der Eröffnung der Ausstellung „Königslutter und der Krankenmord“ in Lehre.

Die sehr eindrucksvolle Ausstellung wurde im Rathaus Lehre bei Wolfsburg am 12. Januar eröffnet. Die Wolfsburger VVN-BdA war unter den etwa 60 Interessierten vor Ort.

Nach einer Begrüßung durch Gabriele Heinen-Kljajić, 1. Vorsitzende des Arbeitskreis „Andere Geschichte“ aus Braunschweig und einem Grußwort des engagierten Bürgermeisters von Lehre, Andreas Busch, hat Susanne Weihmann, auf deren Buch die Ausstellung aufbaut, in das Thema der Ausstellung eingeführt.

„Gefährder der Volksgesundheit“

Die „Landes-Heil-und Pflegeanstalt Königslutter“ im nahen Königslutter war schon für das Herzogtum Braunschweig die zentrale Einrichtung zur Aufnahme und Behandlung psychisch Kranker. Mit der Machtübergabe an die Nazis im Januar 1933 wurden Kranke zu „Gefährdern der Volksgesundheit“ erklärt und als „Ballastexistenzen“ ausgegrenzt.

Königslutter wurde Teil des staatlich betriebenen Krankenmordes, der in der Anstalt Bernburg an der Saale vollzogen wurde. Neben Patient*innen aus Norddeutschland waren auch Kranke, die zum Teil seit Jahrzehnten in Königslutter gelebt hatten, Opfer der Transporte in den Tod. Sie kamen aus vielen Ortschaften des Landes und gehörten unterschiedlichen sozialen Schichten an.

Die Zahl der Patient*innen, die nach dem offiziellen Ende der zentral geplanten Mordaktionen in Königslutter starben, war dramatisch hoch. Dieses begründet den Verdacht der Fortführung der vorsätzlichen Tötungen mit anderen Mitteln.

Verbrechen in der Region

Die Ausstellung zeigt diese erschreckenden Verbrechen der Naziherrschaft hier in unserer Region, die wie viele andere im Nachkriegsdeutschland kaum geahndet wurden. Sie kann bis zum 14. Februar 2023 im Rathaus Lehre zu den Öffnungszeiten besucht werden. Susanne Weihmann wird am Dienstag, 17. Januar 2023 und am Dienstag, 7. Februar 2023 jeweils um 16.30 Uhr durch die Ausstellung führen. Eine Anmeldung ist nicht notwendig. Ein Besuch ist sehr zu empfehlen. A. Hartung

Fotos: M. Hartung

„How I became a Partisan.“ (Wie ich Partisanin wurde)

2. Dezember 2022

Im November 2022 wurde im Delphinkino Wolfsburg der beeindruckende Film „„How I became a Partisan.“ (Wie ich Partisanin wurde)“ gezeigt. Eine Kooperationsveranstaltung vom Deutsch-Arabischen Freundeskreis Wolfsburg, der VVN-BdA Wolfsburg und ‚Demokratie Leben‘ ermöglichte das.

Dieser Dokumentarfilm ist filmischer Widerstand gegen Unwissenheit und Vergessen. Thema ist in erster Linie der Roma-Widerstand gegen die Nazis in der Tschechoslowakei und anderen Ländern. Was wissen wir schon darüber, obwohl wir geschichtsbewusste, aktive AntifaschistInnen sind?

Die Regisseurin Vera Lacková (im Film wird sie 30 Jahre alt), geht auf persönliche Spurensuche nach ihrem Urgroßvater (Ján Lacko) und vier weiteren Roma-Partisanen. Am Sterbebett ihrer Großmutter hatte sie dieser versprochen, über den Widerstand der Roma aufzuklären.

Sie zeigt mit dem Film, dass Roma nicht ausschließlich Opfer des Faschismus, sondern dass sie auch aktive Widerstandskämpfer waren.

Starke Bilder bleiben im Gedächtnis, die künstlerisch ohne pathetische Überfrachtung eine Einheit von politischer Botschaft, emotionaler Berührung und dokumentarischer Genauigkeit bieten.

Zwar erfordert der Film, v.a. durch die deutschen Untertitel (bei den Originalsprachen Tschechisch und Romanes), große Konzentration, seine künstlerisch dargebotene Botschaft gegen Rassismus und Faschismus – gestern und heute! – berührt und überzeugt.

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